Kommentar: Ab in den Turm
■ Warum St. Paulis Habenichtse keine Gesundheitsversorgung brauchen
Die Zeiten sind schlecht. Besonders schlecht sind sie für soziale Projekte und Habenichtse. Behörden und Krankenversicherungen zanken um jede Mark, die das Elend mildern könnte. Alte, (Sucht-)Kranke und (psychisch) Behinderte bleiben auf der Strecke. So will es der Gesetzgeber in Bonn.
Das Sozial- und Gesundheitszentrum auf dem ehemaligen Gelände am Hafenkrankenhaus ist für diejenigen gedacht, die sonst nirgendwo hingehen können: Menschen ohne Papiere, ohne Dach über dem Kopf und ohne anderweitige Aussicht auf ein paar Krümel sozialer Leistungen. Wenn der medizinische Kern – die 30 oder 40 Betten – nicht finanziert werden, bedeutet das auch für das Gesamtprojekt das Aus.
Nicht nur die Kassen würden es gern sehen, wenn die Zaungäste des Wohlstands aus den innerstädtischen Vierteln verschwinden würden. Sollte das Gesundheitszentrum zugunsten eines millionenschweren Klinikneubaus in Eimsbüttel fallengelassen werden, gäbe es immerhin ein glitzerndes zentrales Gebäude mehr, an dessen Abluftrohren Obdachlose im Winter campieren könnten, ohne je einen behandlungsbedürftigen Fuß in das Krankenhaus zu setzen.
Früher wurden Menschen ohne eine müde Mark in der Tasche, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen konnten, in den Schuldturm gesperrt. Kettenrasseln ist zwar nicht mehr zeitgemäß. Aber vielleicht läßt sich ja für die Ausgegrenzten der Neuzeit eine vergleichbare Adresse im derzeit ungenutzten Wasserturm im Schanzenpark schaffen. Lisa Schönemann
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