■ Kommentar: Wahlkampf im Stadion
Die Sanierung des maroden Olympiastadions ist zur Manövriermasse im Wahlkampf verkommen. Hatte in der vergangenen Woche die SPD mit Geld gelockt und herausposaunt, im Falle einer Regierung Schröder werde der Umbau zur „Chefsache“, zieht Kohl nun nach und wedelt mit 100 Millionen Mark. Das hören die Sportfreaks in der Stadt gern, allein es fehlt der Glaube. Denn die Wahlkämpfer haben Bremsen in den Vorstoß eingebaut, die just das notwendige Vorhaben der Modernisierung noch weiter zurückwerfen könnten. So lassen die Sozis offen, wieviel sie investieren wollen und welche Belastungen auf das Land zukommen. Der 100-Millionen-Schein von CDU- Kohl ist ebenfalls kaum mehr als Blendwerk, weil das Geschenk die Teilnahme an der Fußballweltmeisterschaft 2006 voraussetzt. Nimmt man den Weltfußballverband (Fifa) beim Wort, kommt die Bundesrepublik für die WM 2006 schon deshalb nicht in Frage, weil Südamerika oder Afrika als Kontinente auf der Rotationsliste stehen. So what?
Mag sein, daß das Stadion für den Wahlkampf taugt. Der Wahlkampf taugt hingegen nicht für die Sportstätte. Längst hätten Regelungen für die Subventionierung der Nazi-Schüssel gefunden werden können. Längst weiß man, wieviel das kostet. Und längst sieht man die alten Mauern bröckeln. Aber das wird ignoriert, wenn nicht gerade Wahl ist. Rolf Lautenschläger
Bericht Seite 22
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