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KommentarStadt des Wandels

■ Berlin ist jung, seine Politik ist aber veraltet

Fast schon möchte man sagen: endlich! Endlich eine Studie über Berlin, bei der nicht die Leitbilder der Auftraggeber im Mittelpunkt stehen, sondern die subjektiven Bilder derer, die nach ihrer Meinung zur Hauptstadt gefragt werden. Und endlich auch eine Befragung, die die Berliner Selbstbetrachtung ins Verhältnis setzt zur Wahrnehmung von außen.

Bislang war die örtliche Imageproduktion ja eine mehr oder weniger inzestuöse Veranstaltung, die immer nur dann aus dem Ruder geriet, wenn das internationale Publikum den Daumen senkte – sei es bei der Entscheidung gegen Olympia oder gegen Berlin als Standort internationaler Firmenzentralen. Endlich also ein empirischer Beleg dafür, daß Berlin keine Dienstleistungs- und Bankenmetropole ist, wohl aber ein herausragender Kultur- und Wissenschaftsstandort. Vor allem aber ist Berlin jung. Gerade in der Altersgruppe der 20- bis 40jährigen gilt die Stadt als Ort des Wandels, der Kreativität, des Aufbruchs – Abstürze eingeschlossen.

Was sich mittlerweile selbst bis New York herumgesprochen hat, ist bei den Berliner Politikern allerdings noch nicht angekommen. Selbst ein Innensenator auf der Love Parade erwies sich im Rückblick eher als Hinweis auf bevorstehende Frühverrentung denn als Ausdruck eines politischen Frühlings. Und auch SPD und Bündnisgrüne, die – wenn sie nicht auf halber Strecke einschlafen – demnächst auch in der Hauptstadt die Regierungsgeschäfte antreten wollen, glänzen nicht unbedingt mit jugendlichem Esprit.

Nun ist der Verweis auf das Alter noch lange kein Hinweis für Qualität. Wer die Stadt und ihre Bewohner in ihrer – oft widersprüchlichen Stimmungslage – begreifen will, täte freilich gut daran, die Anregungen der Studie endlich ernst zu nehmen.

Das gilt allerdings nicht für die Schlußfolgerungen mancher Kommentatoren der Studie. Wer etwa wie Wolf Jobst Siedler die Berliner Universitäten als „verkommene Massenuniversitäten“ abtut und einer unkritischen Elitebildung das Wort redet, wird dem jungen Berlin-Bild ebensowenig gerecht wie Peter Glotz, der das urbane Potential an Neugier auf Politiker und künstlerische Eliten reduziert. Immerhin ist Berlin für die „Jungen“ nicht deshalb attraktiv, weil sich hier Jungmanager und Jungpolitiker die Klinke in die Hand geben. Die Jungen kommen vielmehr deshalb nach Berlin, weil es sich hier mit wenig Geld immer noch gut, vor allem aber unbehelligt leben läßt. Uwe Rada Bericht Seite 20

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