Kommentar: Genossenpfründe
■ Warum die Gewerkschaft sich dem SPD-Sozial-Filz verweigern sollte
Ein Arbeitsmarktpolitiker, der sich über ein kostenloses ABM-Programm ärgert? Ein Sozialdemokrat, der um jeden Preis eine neue Niedriglohngruppe einführen will? SPD-Genosse Uwe Riez begründet sein eigenartiges Verhalten mit einem einzigen Argument: Jugendliche, die den vollen ABM-Tarif erhalten, wären anschließend nicht mehr bereit, eine Ausbildung zu machen.
Praktiker der Hamburger Arbeitsmarktpolitik können da nur den Kopf schütteln: Es handelt sich schließlich um junge Erwachsene, die nicht selten Kinder und Familie haben. 1.500 Mark brutto müßten sowieso durch Sozialhilfe aus der Stadtkasse aufgestockt werden – und die Bereitschaft zu einer Ausbildung ist aller Erfahrung nach unverändert hoch.
Nein, für Riez' absurdes Verhalten gibt es nur eine plausible Erklärung: Er fürchtet um die Pfründe seiner SPD-Genossen in Hamburg-Nord. Detlef Scheele, als HAB-Chef heute auf dem Sessel, den Riez vor ihm wärmte, kann sein Konzept nämlich sinnvoll nur per Dumping-Tarif verwirklichen. Sonst geriete das Beinah-Monopol der Nord-Genossen auf die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Gefahr.
Diese Sozialfilzokratie kann gestoppt werden: Die ÖTV sollte die Tarifgespräche absagen – durch das Bonner Sofortprogramm fehlt ihnen jede Grundlage. Und Norddeutschlands Ex-DGB-Chefin, die heutige SPD-Sozialsenatorin Karin Roth, sollte Riez zumindest aus dem Bereich Arbeitsmarkt versetzen, wenn ihr schon der Mut zu einer Kündigung fehlt.
Florian Marten
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