Kommentar: Teuer und bürokratisch
■ Wahlhelfer mit Arbeitstag bezahlt
Ehrenamt, Eigeninitiative, Privatisierung – schöne neue Schlagworte fallen immer, wenn über die Reform des Öffentlichen Dienstes geredet wird. Offenbar ist das neue Denken nicht einmal im Senat jederzeit präsent. Fast ohne Öffentlichkeit, offenbar mit gestrichen voller Hose schlechten Gewissens, hat der Senat eine Regelung für Wahlhelfer beschlossen, die das angebliche „Ehrenamt“ zu einer skandalös teuren Angelegenheit wandelt. Wahrscheinlich wird demnächst wieder McKinsey mit einem Gutachterauftrag bemüht, um das herauszufinden. Jede Honorarkraft würde für die Hälfte des Geldes Wahlhelfer spielen. Die Rechnung sieht nur dann anders aus, wenn man unterstellt, daß der Arbeitstag im Öffentlichen Dienst nicht das Geld wert ist, das den Mitarbeitern bezahlt wird.
Wie die Faust aufs Auge paßt der Senatsbeschluß auch deshalb, weil das Wahlamt gerade öffentlichkeitswirksam vorführte, wie es auch gehen kann. Für das „Ehrenamt“, das immerhin mit einem Handgeld von 60 oder 80 Mark versüßt wird, sollte mit einer Verlosung geworben werden. Welcher Betrieb wird beim nächsten Mal wieder einen guten Preis spendieren, wenn die Wahlhelfer-Tätigkeit wie eine „Sonderschicht“ des öffentlichen Dienstes vergütet wird?
Der Bund der Steuerzahler hat Recht, wenn er feststellt: Die Sondervergünstigung macht die Moral des ehrenamtlichen Engagements kaputt. Klaus Wolschner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen