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KommentarKranke und ihre Leidensgenossen

■ Investitionsbank als Förderkonzern

Von Pontius nach Pilatus habe man ihn geschickt, sagt mancher Unternehmer, der in Berlin sein Glück versucht. Mit dem Image der städtischen Wirtschaftsförderung steht es nicht zum Besten. Die Senatskoalition will nun reinen Tisch machen und für klare, effektive Verhältnisse sorgen. Vermutlich schießt sie bei ihrem Eifer ein wenig übers Ziel hinaus.

Die Idee, die Investitionsbank (IBB) zum Dreh- und Angelpunkt der Wirtschaftsförderung zu machen, ist nicht neu. Erstaunlich erscheint freilich das Ausmaß, das die Pläne nun annehmen. Soll doch ein veritabler Konzern entstehen, der von Tourismus und Immobilienentwicklung bis zu Technologieberatung und dem Aufbau der Hightech-City Adlershof alles umfaßt, was Investoren wichtig sein könnte. Die Stadtgüter will CDU- Wirtschaftssenator Branoner hineinstopfen und auch der Zukunftsfonds wird noch sein Plätzchen finden. Angesichts dieser Masse an neuen Aufgaben ist abzusehen, daß die Führungsstruktur der IBB heillos überfordert sein wird und die Effektivität der heute noch unabhängigen Gesellschaften nicht steigern kann. Kranke heilt man nicht, indem man sie mit anderen Infizierten in ein Zimmer sperrt. Die IBB hat heute schon Koordinations- und Kontrollprobleme.

Außerdem dürfte der Förderkonzern der demokratischen Kontrolle völlig aus dem Ruder laufen. Teilweise müssen die Senatsverwaltungen Kompetenzen an die Bank abgeben, was auch den Einfluß des Parlaments auf die praktische Politik verringert. Die Eingliederung landeseigener Firmen in die IBB wird zudem zur Machtkonzentration bei einer Institution führen, die heute schon als Closed Shop funktioniert. Wenn zum Beispiel Abgeordnete wissen wollen, wieviele Arbeitsplätze ein Unternehmen garantieren muß, damit es Geld von der IBB bekommt, heißt es dort regelmäßig: „Kein Kommentar“.

Soll sich die IBB nicht zu einem gefährlichen Machtzentrum entwickeln, bedarf sie parlamentarischer Kontrolle. Deshalb sollte ein mit Abgeordneten besetzter Beirat gebildet werden, der über ähnliche Befugnisse verfügt wie ein Aufsichtsrat. Wenn die IBB dem Land dienen soll, muß sie sich in die Karten schauen lassen.

Hannes Koch Seite 18

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