Kommentar: Kein Eiertanz in der Drogenpolitik
■ Die SPD muß sich klar positionieren
Endlich könnte sich etwas sinnvolles tun in der seit Jahren festgefahrenen Drogenpolitik: Die zuständige Jugendsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) will, daß sich Berlin an dem bundesweiten Modellversuch beteiligt, in dem Heroin unter ärztlicher Kontrolle an Schwerstabhängige abgegeben werden soll. Das gegen die CDU durchzusetzen, die sich – gnadenlos und realitätsfern zugleich – weiterhin an einem strikten Abstinenzgebot orientiert und auf Repression setzt, dürfte schwer werden und braucht deshalb die geballte Kraft der SPD. Doch was tun die Sozis? Sie eiern rum.
Dabei wissen auch die ExpertInnen in der SPD, daß die repressive Drogenpolitik, wie sie seit Jahren in Bonn und Berlin praktiziert worden ist, schlicht gescheitert ist: Die Zahl der Drogentoten, die das direkte Spiegelbild dieser Drogenpolitik sind, hat im vergangenen Jahr erneut zugenommen. Und sie kennen auch die positiven Ergebnisse aus der Schweiz, wo ein ganz ähnlicher Modellversuch durchgeführt worden ist: Die gesundheitliche, soziale und wirtschaftliche Situation der Abhängigen verbesserte sich, die Beschaffungskriminalität ging zurück. Einen Versuch also ist es wert, das denken auch viele SozialdemokratInnen.
Angst aber haben sie vor einem Wahlkampf, in dem die CDU populistisch – wie es gerade bei ihrer Kampagne gegen den Doppelpaß zu beobachten war – die Angst vor Drogen und Abhängigen schürt und die SPD als Partei verleumdet, die Drogen angeblich freigeben will. Doch die SPD muß sich entscheiden: Will sie einen Schritt nach vorn in der Drogenpolitik, muß sie klar Position beziehen und dann massiv Aufklärung betreiben auf diesem Feld, auf dem weiterhin viel Unwissenheit herrscht. Denn auch das zeigt die Schweiz: Die Bevölkerung ist für ein solches Projekt zu gewinnen, wenn sie seine Notwendigkeit und seine Chancen begreift.
Um dies zu erreichen, muß die SPD Position beziehen. Eiert sie aber weiterhin rum, überläßt sie der CDU und deren rückwärtsgewandten Argumenten das Feld. Das wäre fatal, denn ein Fortschritt in der Drogenpolitik ist lange überfällig. Und eine Teilnahme an dem Modellprojekt wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Sabine am Orde
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