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KommentarGrüne Elche

■ Das Außenministerium weiß nicht, was die Türkei mit deutschen Waffen macht

So ist es eben, wenn man aus der langjährigen Opposition urplötzlich in die Regierung wechselt. Oder anders: Aus den größten Kritikern der Elche werden plötzlich selber welche. Klaus Kinkel wird auf jeden Fall herzlich gelacht haben, als er in der Bundestagsdrucksache 14/383 lesen durfte, die Bundesregierung habe keine Erkenntnisse darüber, daß aus Deutschland gelieferte Waffen auch zur Aufstandsbekämpfung im Südosten der Türkei eingesetzt würden. Das muß ihm doch bekannt vorkommen – das ist doch von ihm! Hat man im Auswärtigen Amt etwa vergessen, die Textbausteine auszutauschen? Gibt es dort vielleicht Mitarbeiter, die noch gar nicht gemerkt haben, daß die Amtsspitze gewechselt hat?

Oder muß man das rot-grüne Versprechen auf außenpolitische Kontinuität wirklich so wörtlich nehmen? Tatsächlich ist die rot-grüne Bundesregierung in den ersten Monaten ihrer Tätigkeit ja schon in so manches Fettnäpfchen getreten. Warum also hätten sie dieses auslassen sollen? Wenn die Bundesregierung wirklich keine Erkenntnisse über den Einsatz bestimmter sogenannter Radpanzer aus Beständen der ehemaligen Nationalen Volksarmee der ehemaligen DDR bei der Kriegsführung der türkischen Armee hat, hätte sie sich vielleicht bei Mitgliedern der sie stützenden Fraktionen erkundigen können. Informationen darüber müßten dort reichlich vorhanden sein.

Vielleicht will man von diesen Informationen aber auch gar nichts wissen. Bundesdeutsche Rüstungsexporte dürften für die rot-grüne Koalition ein weiteres heikles Thema sein. Man erinnere sich, wie der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder sich angesichts drohender Arbeitsplatzverluste plötzlich für den „Tornado-Fighter“ erwärmte – obwohl seine Kollegen das Projekt noch die größte „Geldvernichtungsmaschine der Neuzeit“ nannten und die SPD-Bundestagsfraktion geschlossen dagegen votierte.

Sollte die vermeintliche Erkenntnis der neuen Bundesregierung bezüglich der Türkei tatsächlich kein Lapsus sein, so steckt darin immerhin eine deutliche Botschaft: Rüstungsproduktion und Rüstungsexporte bleiben auch unter rot-grünem Management wichtige Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Was mit der Rüstungsproduktion – die man aus Kostengründen dann auch exportieren muß – sonst noch so passiert, entzieht sich leider unserer Kenntnis. Jürgen Gottschlich

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