Kommentar: Antimodernistisch und antislawisch
■ Kärnten: Jörg Haider gewinnt die bürgerliche Mitte
Die FPÖ ist die stärkste der Parteien. Der Rechtspopulist Jörg Haider konnte seinen Erfolg selbst kaum glauben. Vor Rührung brach ihm beim Dank ans Kärntner Wahlvolk die Stimme. Traurig, aber wahr: Die parteiinternen Finanzskandale haben Haiders Truppe nicht geschadet. Die freiheitliche Partei bleibt, Korruption hin oder her, glaubwürdige Opposition gegen das großkoalitionäre Machtgehabe. Vor allem in Kärnten. Dort verabscheut man „die da oben“, sprich: die in Wien residierende Bundesregierung, besonders. Die lokalen Spitzenkandidaten der SPÖ und ÖVP empfanden viele bloß als blassen Regierungsfortsatz. Haider hatte da leichtes Spiel. Denn die Kärntner lieben Haiders rechtspopulistische Inhalte besonders. Die Unterwanderung durch die Slawen ist die Urangst im Grenzland. Haider wußte sie mit seiner Polemik gegen die Aufnahme der Slowenen in die EU zu schüren.
Doch Haiders Einfluß reicht in ganz Österreich inzwischen weit in den Mittelstand hinein. Viele Lehrer und Beamte genieren sich heute nicht mehr für ihre FPÖ- Sympathie: Man ist antimodernistisch, gegen Ausländer, gegen europäische Integration und gegen moderne Kunst. Die Frage bleibt: Sind Haider und seine Wähler auch Antidemokraten? Der FPÖ-Chef schätzt demokratische Spielregeln nicht. Wer ihm nicht paßt, wird aus der Partei geschmissen oder kaltgestellt. Daß seine Wähler ihm dies bisher kaum verübelt haben, wirft kein gutes Licht auf deren Verständnis von Demokratie.
Die Angst vor Haider hält Österreich nun schon seit 13 Jahren im Bann. Passiert ist nichts. Wenn Haider jetzt Landesvater in Kärnten wird, dann ist das auch ein Déjà-vu. Auf dem Posten saß er schon von 1989 bis 1991. Damals wurde er wegen despektierlicher Äußerungen zu Hitlers Beschäftigungspolitik aus dem Amt gejagt. Seiner Karriere hat dies weder geschadet noch genützt. Haiders Treiben ist vor allem deshalb problematisch, weil es die demokratische Erneuerung der großen Parteien blockiert. Einen Vorteil hätte deshalb Haiders Wahl zum Kärntner Landeshauptmann. Er wäre für die Nationalratswahlen 1999 aus dem Rennen. Kanzler Klima, dem linken Populisten, obliegt es dann, die kommenden vier Jahre in der Bundespolitik ohne Haider zu nutzen. Denn bisher ist Haiders Stärke die Schwäche seiner Gegner. Tessa Szyszkowitz
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