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KommentarPurer Lobbyismus

■ Senatskanzlei läßt Runden Tisch zur BVG-Zukunft platzen

Es wäre auch zu schön gewesen. Zwischenzeitlich konnte man den Eindruck gewinnen, allen Beteiligten ginge es tatsächlich um die Sanierung der BVG aus eigener Kraft und den Erhalt der Arbeitsplätze. Doch das war eine Illusion, die mit dem Ende des Runden Tisches endgültig geplatzt ist. Anstatt mit dem Runden Tisch eine erfolgreiche Form der politischen Kommunikation zu erhalten, verkündet die Senatskanzlei einfach das Aus. Es spricht ja nichts dagegen, zwischen die Treffen in großer Runde kleine Arbeitsgruppen zu schieben, die sich mit den Details der Zukunft der BVG beschäftigen. Jetzt aber die Gewerkschaften und Koalitionsvertreter auszuschließen öffnet dem puren Lobbyismus Tür und Tor.

Dabei hätten die Beteiligten durch das Auftreten des Bahnchefs Johannes Ludewig beim vergangenen Treffen durchaus gewarnt sein können. Obwohl Ludewig ein finanziell marodes und im Ansehen beschädigtes Unternehmen repräsentiert, trat er in Berlin auf wie ein kleiner Napoleon. Bleibt die Bahn bei der Umwandlung der BVG außen vor, will die DB auf Wettbewerb pochen und notfalls klagen. Wird die Bahn jedoch per Holding ins Boot geholt, will sie ohne Ausschreibung einen Vertrag über zehn Jahre, also keinen Wettbewerb.

So lächerlich das Gebaren der Bahn auch sein mag, es offenbart, daß es allein ums Geld geht. An der Zukunft der 16.000 BVG-Beschäftigten hat die Bahn kein Interesse. Wie ihre Tochter, die Berliner S-Bahn, sich jetzt verhält, ist fraglich. Und das Land ist vor allem froh, wenn es seinen jährlichen BVG-Zuschuß von rund 900 Millionen Mark reduzieren kann.

Für die Beschäftigten ist damit die Unsicherheit noch größer geworden. Selbst wenn alle Arbeitsplätze erhalten bleiben, ist nicht klar, mit welchen Gehältern und welchen Arbeitnehmerrechten. Um diese Rechte zu sichern, muß die Entscheidung über die BVG-Zukunft eine politische bleiben. Gewerkschaften und das Abgeordnetenhaus müssen weiterhin mitreden können. Das Land vergibt den neuen Konzessionsvertrag für die BVG, es würde auch einen neuen Unternehmensvertrag mittragen. Insofern hat es auch das Recht mitzureden. Politik und Gewerkschaften haben aber auch die Pflicht, die BVG nicht einfach profitorientierten Unternehmen zu überlassen. Jutta Wagemann Seite 20

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