Kommentar: Wolf im Schafspelz
■ Wenn Senatoren die Wahrheit sagen
So geht das mit der Politik in der ältesten Stadtrepublik der Welt: Der Bürgermeister sagt, wo's lang geht, und die SenatorInnen heben ihre Hände. Dabei hätte Scherf sein Machtwort gar nicht aussprechen müssen. Denn auf den ersten Blick wirkt das, was der Senat nach seinen Haushaltsberatungen Anfang Oktober beschlossen hat, überzeugend. Da werden einfach die konsumtiven Ausgaben rabiat zusammengestrichen, und am Ende kann Bremen auf eigenen Beinen stehen. Ist doch schön, was? Aber zu schön, um wahr zu sein.
Jetzt fangen die Damen und Herren SenatorInnen an, ihren Beschluss herunter zu rechnen. Und Bernt Schulte (CDU) sagt als Erster öffentlich, dass das Geld hinten und vorne nicht reicht. Er wird dafür heute eine Menge Ärger bekommen. Aber andere SenatskollegInnen, die auf der bettelarmen Seite der Bremer Sanierung sitzen, werden genauso denken. Was also vor wenigen Wochen noch einhellige Meinung war, gerät wieder in Bewegung. Doch diesmal kommen die Widerstände nicht aus Opposition oder Bevölkerung, sondern aus der Regierung selbst.
„Wer nicht zustimmt, kann gleich gehen“, soll der knallharte Umarmer Henning Scherf gesagt haben. Doch mit solchen Wolf-im-Schafspelz-Sprüchen lässt sich auch in der Samtgemeinde Bremen keine Sanierungspolitik mehr machen. Christoph Köster
Berichte Seite 21 und 23
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