■ Kommentar: Gates wird Medienmogul Für die Microsoft-Kunden kommt jedes Urteil zu spät
Noch hat Bundesrichter Jackson in Washington kein Urteil gegen Bill Gates gefällt. Doch sein Abschlussbericht über die sich Monate hinziehenden Zeugenvernehmungen zeigt deutlich genug, dass der reichste Mann der Welt und seine Firma Microsoft nicht ungeschoren aus diesem Verfahren herauskommen werden.
Bis in die kleinsten Einzelheiten hinein zeichnet das Gericht nach, was es für eine bewiesene Tatsache hält: Microsoft hat seine führende Stellung auf dem Markt für Betriebssysteme ausgenutzt, um seine Konkurrenten zu verdrängen. So eindeutig die Fakten nunmehr auf dem Tisch liegen, so unklar ist dennoch, welche Folgen dieser Prozess über sein voraussehbares Ende hinaus haben wird. Das Gericht kann Bill Gates zu einer massiven Geldstrafe verurteilen, und im äußersten Fall sogar anordnen, das Unternehmen Microsoft aufzuteilen, um die Wettbewerbschancen der Konkurrenten zu verbessern. Bill Gates persönlich wird beides gut überleben, sein Privatvermögen wird zur Zeit auf etwa 90 Milliarden Dollar geschätzt; noch wichtiger aber ist, dass jedes mögliche Urteil für die Millionen Kunden von Microsoft zu spät kommt. Viele von ihnen wissen gar nicht, was ein Computer ohne das Betriebssystem Windows ist. Microsoft hat einen weltweiten Standard gesetzt. Dass er mit unlauteren Mitteln errungen wurde, ändert daran nichts – und Bill Gates weist unermüdlich und mit gewissem Recht darauf hin, dass der Computer mit seinen Produkten überhaupt erst das billige Massenprodukt wurde, das er heute ist.
Derselbe Bill Gates weiß jedoch gut genug, dass die Tage dieses Imperiums auch ohne Prozess vor einem amerikanischen Bundesgericht gezählt sind. Er hat wie kein anderer vom Boom des Internet profitiert, seine Gesetze begriffen und deshalb sehr wohl verstanden, dass der monströs komplizierte Windows-Computer bald durch andere Geräte ersetzt wird, durch Geräte, die so einfach zu bedienen sind wie ein Telefon oder ein Fernseher.
Die Entwicklung des Internet selbst wird dafür sorgen, und Gates bereitet sich darauf vor. Er investiert heute sein Kapital in Mediengesellschaften, denn nur dort, ahnt das Vermarktungsgenie voraus, wird morgen das Geld verdient, nicht mit einem Computerprogramm. Das Monopol darauf könnte er ohne nachhaltigen Schaden schon heute der Konkurrenz schenken. Niklaus Hablützel
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