Kommentar: Teures Sparen
■ Wohnungsverkäufe sind No-Future-Politik
Hat es der Senat mit dem Sparen übertrieben? Im Gegenteil! Weil vor allem die CDU viel Rücksicht auf die alte Westberliner Subventionsgesellschaft nimmt, klafft die Schere von Einnahmen und Ausgaben immer noch weit auseinander. Doch statt dass sie die öffentliche Verwaltung endlich auf Trab bringt, verhält sich die politische Elite der einstigen Halbstadt wie verarmter Landadel: Sie verkauft das Tafelsilber.
Haushaltsssenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) will stets den Eindruck erwecken, als seien Spar- und Privatisierungspolitik ein und dasselbe. Doch das Gegenteil ist der Fall. Damit sie im Moment ein paar Etatlöcher stopfen kann, will die Senatorin nach den Versorgungsbetrieben auch noch einen beträchtlichen Teil der Wohnungsbaugesellschaften verscherbeln. Damit er das Procedere notdürftig bemänteln kann, will der Senat ein paar Mark aus den Verkäufen in einen Forschungsfonds stecken. Außerdem verweist Fugmann-Heesing darauf, dass durch die Verkäufe die Kreditaufnahme und damit die Schuldenlast künftiger Generationen sinke.
In Wahrheit aber ist der Verkauf kommunaler Wohnungen alles andere als weitsichtig. Gewiss, heute bieten private Vermieter ihre Wohnungen oft billiger an als städtische Gesellschaften. Doch lange wird das nicht vorhalten: Weil der Bau neuer Wohnungen gegenwärtig so unrentabel erscheint, ist nichts so sicher wie die nächste Wohnungsnot. Dann aber wird die Politik froh sein, dass sie mit einem großen städtischen Wohnungsbestand die Mieten in der Stadt beeinflussen kann. Nebenbei wird das Land durch moderate Mieterhöhungen einen Teil des Mehrwerts in seine Kasse leiten können. In einen Punkt aber hat die Senatorin Recht: Die städtischen Gesellschaften gehören auf Trab gebracht. In der Praxis sind sie meist alles andere als ein Ausbund an Mieterfreundlichkeit. Schon weil das Kostenbewusstsein wenig ausgeprägt ist, verklagt kaum ein Hauseigentümer seine Mieter so häufig grundlos wie die öffentliche Hand. Die Behauptung, eine Modernisierung der Wohnungsunternehmen lasse sich nur per Privatisierung machen, gleicht freilich einer politischen Bankrotterklärung.
Ralph Bollmann
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