Kommentar: Donnerwetter
■ Warum der autofreie Koalitionskrach zwei tieferliegende Ursachen hat
Manchmal entwickeln Kleinigkeiten eine Eigendynamik, die Beobachter nur fassungslos bestaunen können. Und wenn der Rauch sich verzogen hat, können häufig selbst die Akteure nicht recht erklären, worüber sie sich eigentlich gefetzt haben. Der Rathauskrach über einen autolosen Freitag gehört in diese Kategorie unerklärlich erscheinender Phänomene.
Natürlich hat GALier Schmidt mit seiner koalitionsintern nicht abgesprochenen Id-eensammlung provozieren wollen – Handelskammer, ADAC und CDU ebenso vorsätzlich wie genussvoll, die Sozialdemokraten mit Kalkül. Im polittaktischen Alltag wird sowas mit ein, zwei Konsensgesprächen hinter verschlossenen Türen beigelegt.
Die Auseinandersetzung aber, welche die SPD-Fraktion nun vom Zaune bricht, verweist auf zwei tieferliegende Ursachen. Zum einen ist die allgemeine sozialdemokratische Angst vor wahlberechtigten Autofahrern und vor den Freifahrt-Fetischisten der Wirtschaftslobbies deutlich ausgeprägter als bei den Grünen. Daran ändert keine Koalition einen Deut.
Im konkreten Fall kommt eine seit langem schwelende Unzufriedenheit in der Fraktion mit Teilen des eigenen Vorstandes hinzu. Handwerkliche und Management-Fehler gehören ebenso zum Kritik-Katalog wie Vorkommnisse, die einige als Gedankenlosigkeiten etikettieren, andere aber als Brüskierungen empfinden. Der autolose Freitag ist da vielen nur ein Ventil.
Aus dem Koalitionskrach dürfte die Luft bald raus sein. Das SPD-interne Donnerwetter aber steht noch aus.
Sven-Michael Veit
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