Kommentar: Die lahme Ente ■ Haiders Rücktritt schadet ihm mehr, als er glaubt
Ein politisches Manöver ist dann nicht erfolgreich, wenn das Manöver als solches erkannt wird. Die internationalen Reaktionen auf den Rücktritt Jörg Haiders vom Parteivorsitz der FPÖ zeigen, dass sich niemand täuschen lässt. Auch in Österreich ist kaum jemand so naiv, auf diesen Haider-„Schmäh“ reinzufallen.
Es ist klar: Haider wollte mit seinem Abgang die blau-schwarze Regierung aus dem internationalen Schussfeld bringen. Und im selbst gewählten Kärntner „Exil“ als Landeshauptmann neue Kraft schöpfen. Gleichzeitig – so war wohl seine Überlegung – befände er sich in der wunderbaren Position, als nach wie vor starker Mann der FPÖ die Regierungspolitik maßgeblich zu bestimmen. Als Quasi- Outsider könnte er dann die unpopulären Maßnahmen Wiens attackieren, um dann im geeigneten Krisenmoment als Retter auf den Plan zu treten.
Die Rechnung geht aber nicht auf. Die EU-Regierungen wollen die rechts-rechte österreichische Regierung weiter in Quarantäne halten. Sie fühlen sich in ihrer Sanktionspolitik sogar bestätigt. So sehr die Figur Haider weltweit Angstfantasien beflügeln mag, so sehr geht es Europa ganz nüchtern darum, ein Zeichen zu setzen: Beteiligung von rechtsextremen Parteien an EU-Regierungen werden ungestraft nicht geduldet. Und da ist es egal, welche Position Haider formal in der FPÖ inne hat. Wie unernst seine Demission ist, wird deutlich in der Wahl seines Nachfolgers. Er hat nicht etwa den jetzigen Finanzminister Karl-Heinz Grasser erkoren, der zumindest angedeutet hat, dass er aus dem Schatten seines Herrn herauszutreten in der Lage wäre. Sondern die derzeitige Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer, die als treue und unselbstständige Haider-Vasallin gilt.
Haiders Taktik könnte sogar einen dem geplanten entgegengesetzten Effekt haben: Seine zu erwartenden Querschüsse aus Kärnten schwächen die ohnehin glücklose schwarz-blaue Regierung weiter. Und damit beschleunigt Haider ihren Sturz. Dann könnte er aus seinem Wunschtraum, dereinst als Phönix aus der Asche zu steigen, um nach Wien ins Bundeskanzleramt einzuschweben, jählings erwachen. Bei den nächsten Wahlen wird er möglicherweise eine furchtbare Erfahrung machen: Dass er trotz seiner Paradiesvogel-Allüren eigentlich eine lahme Ente ist. Georg Hoffmann-Ostenhofen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen