Kommentar: Verdienerinnen zuerst
■ Warum das geplante System der Kita-Card Eltern in zwei Gruppen spalten wird
Die Kita-Card bekommt einen schrägen Drive. Zwar soll sie Mütter in ihrem Streben nach Berufstätigkeit bestärken. Doch das Gegenteil könnte der Fall sein. Ging bisher oft das demoralisierende Gerücht um „Du bekommst sowieso keinen Platz“, so könnte es künftig heißen: „Kriegst eh nur'n Platz, wenn du' nen Job hast“.
Mütter, die einen Ganztagsplatz in Anspruch nehmen, geraten stärker unter Legitimationsdruck: Haben sie „richtig Arbeit“ oder sind sie ein „Sozialfall, ders nötig hat“? Dabei gibt es in der Realität eine breite Grauzone dazwischen. Mütter, die sich erstmal orientieren oder von der stressigen Kleinkindphase erholen müssen. Oder Frauen, denen gelegentlich mal die Hand ausrutscht, die aber keine Drogen nehmen und sich Ämtern gegenüber niemals als Fall von Verwahrlosung outen würden.
In Kitas wird es auf eine dezente und elegante Weise aufgefangen, wenn Eltern mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert sind. Und es wird ein wenig abgemildert, dass die Infrastruktur in der Autostadt Hamburg kinderfeindlich ist. Kitas sind Inseln in der Großstadt, in denen Kinder Freundschaften schließen und sich gefahrlos begegnen.
Dass es künftig weniger Kinder geben wird, die in eine Kita gehen, weil sie es dort besser haben als zu Hause – das sei nicht gewollt, heißt es von den Behördenleitern und Politikern. Klingt nett. Misstrauisch macht aber, dass sie dies nicht ins Gesetz schreiben und statt dessen ein Regelwerk erfinden, das die Eltern in unseliger Weise in zwei Gruppen spaltet. Kaija Kutter
Bericht Seite 22
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