Kommentar: Timm nicht verstimmt
■ Warum es keinen Ausstiegskonsens gibt, der die HEW unglücklich macht
Es gibt keinen Konsens über den Atomausstieg. In der Gesellschaft schon gar nicht, aber noch nicht einmal zwischen Politik und Atomwirtschaft. Es gibt höchstens einen Kompromiss. Den wird vermutlich nicht nur die Mehrheit der Grünen, sondern auch die Mehrheit der GAL-Delegierten heute abend auf ihrem Bundesparteitag absegnen.
Noch mindestens zwei Jahrzehnte lang wird Hamburg atomar unter Strom gesetzt werden, rechnete der HEW-Chef gestern vor. So richtig unglücklich sah er nicht aus, als er die Berliner Ausstiegsvereinbarung seinen AktionärInnen erläuterte. Denn unterm Strich stehen nach seiner Lesart nicht die von Rot-Grün behaupteten 32 Betriebsjahre sondern 34 Jahre volle nukleare Power.
Kein Ausstieg also, sondern eine geordnete Abwicklung: Kein gar so schlechtes Ergebnis für einen wie HEW-Chef Timm, der 35 Jahre gefordert hatte, kein gutes für eine grüne Partei, die allerhöchstens 30 Jahre zugestehen wollte.
Natürlich hätten die Grünen gerne einen realen und kurzfris-tigen Ausstieg erreicht. Und ebenso natürlich mussten sie sich nicht nur mit den Atomkonzernen auseinandersetzen; sie hatten schon alle Hände voll damit zu tun, ihren eigenen Koalitionspartner SPD halbwegs auf Kurs zu halten.
Mag sein, dass kein besseres Resultat erreichbar war. Aber was die Mehrzahl der Grünen und die Mehrzahl der GALierInnen heute Abend voraussichtlich abnicken werden, wird nicht einmal Manfred Timm verstimmen. Sven-Michael Veit
Bericht Seite 22
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