Kommentar zur Wohnungsentwicklung: Der normale Wahnsinn für Mieter
Der Weddinger Fall einer abstrusen Eigenbedarfs-Kündigung zeigt, wie hilflos die Politik in Sachen Mieten immer noch agiert.
Gut, dass Wahlkampf ist, dachten sich die Mieterinnen und Mieter der Neuen Hochstraße 48 im Wedding. Da ist die Politik bestimmt etwas wacher und engagierter, wenn es um die Nöte und Sorgen im Kiez geht.
Wobei Nöte und Sorgen in diesem Fall stark untertrieben ist. Drei Mieterinnen und Mieter im Alter von 60 bis 75 Jahren, die zwischen 31 und 46 Jahre in ihren Wohnungen leben, sollen diese innerhalb von neun Monaten räumen. Eigenbedarfskündigung. Selbst wenn diese noch so vorgeschoben sein mag, stehen die Chancen vor Gericht in diesem Fall nicht besonders gut. Also haben sich die Mieter an die Parteien gewandt. Vor allem von Frank Henkel versprachen sie sich einiges. Denn der CDU-Spitzenkandidat hat sein Bürgerbüro im gleichen Haus. Und auch er hat schon schlechte Erfahrungen mit dem Eigentümer Trusthouse GmbH gemacht.
Tatsächlich hat Henkel einen Brief an den Eigentümer geschrieben – und eine „sozialadäquate“ Lösung gefordert. Die Rücknahme der Kündigungen hat er nicht verlangt. Soll heißen: Wenn es auf eine Abfindung hinausläuft, sind die Mieter noch gut bedient.
Selten war Politik so hilflos wie in diesem Fall. Und das, obwohl überall in der Stadt Plakate zum Thema Mieten und Wohnen hängen. Aber was nützen Sprüche wie „sicher Wohnen“, eine kaum wirksame Mietpreisbremse oder das Versprechen, bald 400.000 landeseigene Wohnungen zu haben, wenn drei langjährige Mieter ihre Wohnungen verlassen müssen, um den Töchtern des Eigentümers einen gelungenen Start ins Leben zu garantieren. Und wenn die Wohnungen dann doch nicht bezogen werden, ist es für die Mieter zu spät.
Es ist diese Schere zwischen Alltagserfahrung und den Beschwichtigungen der Politik, die die wachsende Stadt Berlin schon lange begleiten. Und dieser ganz normale Mietwahnsinn wird in einer Viermillionenmetropole Berlin noch zunehmen. Vielleicht sollten die Parteien das endlich zugeben – oder aber mehr tun, als folgenlose Briefe zu schreiben.
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