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Kommentar zur Vorwahl in New YorkJetzt wird's schmutzig

Bettina Gaus
Kommentar von Bettina Gaus

Mit dem Sieg von Clinton und Trump in New York wird der Wahlkampf kompliziert und die Angriffe werden persönlich. Das Klima ist vergiftet.

Zur Nationalhymne immer schön patriotisch dreinschauen Foto: dpa

D ie Favoriten Hillary Clinton und Donald Trump haben die jüngsten Vorwahlen im Kampf um die US-Präsidentschaft gewonnen – und paradoxerweise fangen die Probleme für die beiden großen Parteien damit erst richtig an. Jetzt wird es schmutzig.

Die Siegerin und der Sieger von New York sind landesweit unbeliebter als alle anderen Kandidaten. Auch deshalb werden Demokraten und Republikaner es schwer haben, im Hauptwahlkampf ihre jeweilige Anhängerschaft hinter sich zu scharen.

Das Problem des demokratischen Establishments hat einen Namen: Bernie Sanders. Der bisher überraschend erfolgreiche, linksgerichtete Außenseiter hatte eigentlich einen streng sachlichen Wahlkampf führen wollen. Nun aber richtete er mehrfach scharfe persönliche Angriffe gegen Hillary Clinton und stößt damit – gewollt oder ungewollt – in dasselbe Horn wie der Republikaner Donald Trump. Beide werfen Clinton eine allzu große Nähe zu Banken und Konzernen vor und lassen durchblicken, dass sie die Kandidatin für korrupt halten.

Die Frage, ob und in welchem Abhängigkeitsverhältnis eine Politikerin oder ein Politiker zum Großkapital stehen, ist legitim, sogar notwendig. Hillary Clinton hat sich in dieser Hinsicht verdächtig gemacht, nicht zuletzt deshalb, weil sie sich beharrlich weigert, Reden zu veröffentlichen, die sie vor Investmentbankern gehalten hat. Aber zwischen berechtigten Fragen und ehrverletzenden Behauptungen verläuft manchmal ein schmaler Grat. Wie die rivalisierenden Lager innerhalb der demokratischen Partei noch zu einer gemeinsamen Linie im Wahlkampf finden wollen, ist rätselhaft.

Noch schwieriger ist die Lage allerdings für die Republikaner. Selbst in deren Reihen halten viele Donald Trump für einen verantwortungslosen Populisten oder sogar für einen verkappten Faschisten. Sollte es ihm gelingen, auf dem Parteitag im Juli zum Kandidaten gekürt zu werden, dann dürften viele Republikaner am Tag der Präsidentschaftswahlen lieber zu Hause bleiben, als ihm ihre Stimme zu geben. Sollte er aber in einer Stichwahl unterliegen, dann wird er von „Betrug“ und „Stimmendiebstahl“ sprechen – was er ja jetzt schon jedes Mal tut, wenn er in irgendeinem Bundesstaat die Vorwahlen verliert. Der Partei droht die Spaltung.

Das Klima ist vergiftet, auf allen Seiten. Das passt zur Stimmung in der Bevölkerung: Umfragen zufolge haben diejenigen, die auf „Washington“ einfach nur sauer sind, eine Mehrheit.

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Bettina Gaus
Politische Korrespondentin
Jahrgang 1956, ist politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Bettina Gaus hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt 2011 „Der unterschätzte Kontinent – Reise zur Mittelschicht Afrikas“ (Eichborn).
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10 Kommentare

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  • "Jetzt wird's schmutzig" ist übrigens auch der Titel eines Filmklassikers mit Michaela Schaffrath in der Hauptrolle.

  • Die "Bernie or bust"-Bewegung hätte es sicherlich noch verdient in diesem Beitrag erwähnt zu werden. Denn, wenn sich diese Idee bei vielen der aktuellen Bernie Sanders-Anhänger etablieren und bewahrheiten sollte, so hätte Fr. Clinton einen noch schlechteren Stand gegen einen potentiellen Gegenspieler Donal Trump. Aber zugegeben: Dass es Trump in der tatsächlichen Wahl weit bringt sei nochmal dahingestellt; die Anti-Trump-Bewegung innerhalb der Republikanischen Basis ist stärker als es in deutschen Medien meist heraus zu lesen ist.

  • Liebe - und geschätzte! - Frau Gaus: Glauben Sie ernsthaft, der Ausgang der nächsten US-Wahlen würde irgendetwas Entscheidendes ändern? So, wie die letzten US-Wahlen nichts Entscheidendes verändert haben, ebenso wie die übernächsten US-Wahlen nichts Entscheidendes ändern werden, vorausgesetzt, das System bleibt erhalten.

    Die US-Geschichte, besonders aber die neuere US-Geschichte lehrt: US-Präsidenten sind Marionetten an den Strippen ihrer Geldgeber. Wer dennoch aus der Reihe tanzt, den läßt die Machtelite umbringen (Kennedy). Würde Sanders Präsident und nicht schnellstens von seinen Überzeugungen abrücken, würde er ermordet werden. Ich denke, daß dies auch einem - ursprünglich tatsächlichen - "Reformer" wie Obama stets vor Augen stand und er sich deshalb so zur Unkenntlichkeit verbogen hat. Dieses System ist ebensowenig reformierbar wie einst der Parteikommunismus.

  • Die TAZ ist langsam die SPD der Zeitungslandschaft! Wirklich schade einen solchen Kommentar in einer "der" linken Zeitungen lesen zu müssen! Hillary Clinton so uninformiert über diesen Wahlkampf in N.Y schönzureden ist schon peinlich! Damit man gewinnt man bestimmt keine neuen Abos!

  • Ich bin auch enttäuscht über diesen Artikel.

    Wir leben in einer globalisierten Welt. Die Wahl betrifft uns sehr. Wir haben eine linke Strömung in den USA, die endlich viele Menschen wachrüttelt. Doch die Linke in Europa pennt und bläst müde in das selbe Horn wie der Rest des amerikanischen Mainstreams. Wer in Zeiten von Panama Papers und bankruptcy bill immer noch nicht verstanden hat, wo die wirklichen Probleme liegen, der vermischt sachliche Kritiken von Sanders wahrscheinlich auch mit persönlichen.

  • Sanders ist die letzte Hoffnung.

  • Mein Papa sagt immer: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich ...

  • Es ist schon sehr geschickt von Mrs. Clinton die Veröffentlichung ihrer teuren Reden bis zum Letzten hinauszuzögern - die Vorwahlergebnisse könnten zu ihrem Nachteil beinflußt werden.

  • Das ist ja der Hammer!

    Wo ist hier der Artikel über die skandalösen Wahlverhältnisse? Die EU gibt sich nach aussen, wenn es passt, immer wieder als Verfechter der Demokratie. Naja, jedenfalls wenn es gerade passt. Orban oder Erdogan werden natürlich hofiert, Mubarak und Ghadaffi ebenfalls Jahrzehnte, aber irgendwann hörte der Spaß auf.

    Wo ist jetzt hier der öffentliche Aufschrei über die Wahlverhältnisse in der demokratischen Partei?? Das war alles andere als sauber, was da abgegangen ist. Warum wurden mal eben 126.000 Wähler nicht zugelassen? Warum handelt es sich dabei um die Bronx? Dem Viertel, in dem Bernie Sanders geboren wurde?! Glaubt der Kommentator hier wirklich nicht, dass es sich dabei möglicherweise überwiegend um Sanders-Wähler handelt?

    Ich weiß nicht, wie so ein Kommentar zu Stande kommen kann. Das ist unfassbar uninformiert und ignorant, so etwas zu schreiben. Selbst der Spiegel war da investigativer und kritischer in seinem Kommentar. Ich erwarte hier einige aufklärende und lückenlose Artikel!

    • @Ralf Miguel:

      ike auch!