Kommentar zur Radlerinneninitiative: Sinnvoll, aber einseitig
Die „Frauen des Volksentscheids Fahrrad“ starten eine Initiative gegen Automachos und Sexismus im Straßenverkehr. Aber warum nur die Frauen?
Ein bisschen trutschig klingt die Mitteilung der Radinitiative schon: „Die Frauen des Volksentscheids Fahrrad starten heute die #Automacho-Kampagne“, heißt es da. Tatsächlich sind auffallend viele Radaktivisten Männer, auch die Verkehrspolitik im Parlament ist männlich dominiert. Die Ankündigung wirkt deshalb so, als ob die Radlerfrauen endlich ihr Betätigungsfeld gefunden hätten.
Und das sieht so aus: Mittels einer Onlinepetition wird der Senat aufgefordert, sich gegen die Aggressivität männlicher Verkehrsteilnehmer und sexistische Beleidigungen von Frauen auf der Straße auszusprechen. „Automachos beschwören einen Kampf um das Recht des Stärkeren herauf, in dem es nur Verlierer geben kann“, heißt es in der Petition, die bis Donnerstagnachmittag rund 250 Unterzeichner gefunden hatte.
Das Anliegen ist berechtigt. Mann muss keine Frau sein, um zumindest Zeuge aggressiver Ausfälle im Straßenverkehr zu werden und von sexistischen Beschimpfungen von Radlerinnen. Das passiert so häufig, dass man(n) als Verkehrsteilnehmer – zu Fuß, auf dem Rad, im Auto – blind unterwegs sein müsste, um es nicht zu registrieren.
Für dieses Verhalten gibt es Gründe. Individuelle, denn nicht jeder Mensch, der ein potenziell schnelles Autos fährt, ist selbst auch aggressiv motorisiert. Und strukturelle, denn es wird enger auf den Straßen, das Vorankommen schwieriger und zäher. Und so richtet sich diese jüngste Aktion auch an Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für die Grünen). Die RadaktivistInnen drängen sie damit, bei den stockenden Verhandlungen zum Radgesetz selbst aufs Tempo zu drücken. Mehr Raum auf der Straße, so deren Rechnung, mindere die Spannungen auf der Straße.
Warum sich aber nur die „Frauen des Radentscheids“ dieser Forderung verschreiben, bleibt unklar. Sich gegen Sexismus einzusetzen, schaffen längst auch männliche Radler. Sollten sie auch: Schließlich werden Radlerinnen nicht nur von Automachos mies behandelt, sondern bisweilen auch von Radmachos – was jede/r weiß, der im Verkehr unterwegs ist.
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