Kommentar zur Potsdamer Kunsthalle: Wie man sich Macht kauft
Der Milliardär und Mäzen Hasso Plattner wird nach und nach zu einem zweiten Friedrich II.
P otsdam feiert derzeit nicht nur Friedrich II., sondern noch einen weiteren Großen seiner Stadt: Der Mäzen und Multimilliardär Hasso Plattner schenkt der Stadt eine Kunsthalle. Während Berlin seit Jahren um Investoren für eine solche Halle ringt, geht in Potsdam alles viel schneller. Nicht nur das Schloss wird wohl im kommenden Jahr eingeweiht (wann in Berlin???) – auch die moderne Kunst wird ihren Platz in der neuen Mitte der Stadt bekommen. Dank sei Plattner.
Die Kulturdezernentin Iris Jana Magdowski wünscht sich sogleich mehr solcher edlen Sponsoren. Schließlich ließe sich mit Spenden auch manch klammer Verein fördern, meint sie. Schön wär’s. Man könnte auch Wohnraum für finanziell Schwächere schaffen in einer Stadt, in der die Grundstückspreise in diesem Jahr Rekordhöhen erzielen. Doch für Wohnungen gibt niemand Geld.
Die DDR wird verdrängt
Die Spendierlaune Plattners sagt viel über das neue Potsdam aus: Plötzlich übt sich die sonst oft zerstrittene Rathausspitze in Einmütigkeit, plötzlich befürwortet die Stadt mit einer eigenen Untersuchung den vom Mäzen ausgewählten Standort und will sogleich Baurecht einräumen. Man wird den Eindruck nicht los, dass Plattner mit seinem Geld sich bereits viel Macht gekauft hat. Dass ausgerechnet ein DDR-Plattenbau verschwinden soll für ein Haus, in dem DDR-Kunst gezeigt wird, ist ebenfalls bezeichnend für Potsdam. Werke aus DDR-Zeiten interessiert betrachten: gerne! Aber ständig vor Augen haben: nein danke! Die Stadt soll wieder eine Augenweide sein. Dem König ein Wohlgefallen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader