Kommentar zum „Mall of Berlin“-Urteil: Ein Hauch von Gerechtigkeit
Zwei rumänische Arbeiter erhalten doch noch ihren Lohn für ihre Arbeit auf der Baustelle des Shopping-Centers. Das ist ein Anfang, mehr nicht.
Gerechtigkeit sieht eigentlich anders aus: Da wird ein Unternehmen vom Arbeitsgericht dazu verdonnert, zwei rumänischen Bauarbeitern ihren ausstehenden Lohn zu bezahlen. Allerdings liegt das weniger daran, dass die Schuld der Baufirma bewiesen werden konnte, sondern aus „formalen Gründen“: Die Firma hatte sich schlichtweg bescheuert und arrogant verhalten, zu Güteterminen war sie einfach nicht erschienen.
Das Auftreten der Firma, die als Subunternehmen für die Fertigstellung des Einkaufstempels „Mall of Berlin“ am Leipziger Platz angeheuert war, gibt eine tiefen Einblick, wie es um die Sicherheit von Bauarbeitern auf Berliner Baustellen bestellt ist: Offenbar wird da schon einkalkuliert, dass nicht alle bezahlt werden müssen; zum Beispiel, wenn sie arm sind und aus entfernteren Ländern kommen. Schlimmer noch: Selbst wenn sich die Geprellten wehren – was fast nie vorkommt –, geht man in der Baubranche offenbar davon aus, dass man sich dazu nicht verhalten muss und trotzdem ungeschoren bleibt.
Kommt die Signalwirkung?
Vor diesem Hintergrund ist das Urteil vom Mittwoch ein großer Erfolg: weil es zeigt, dass auch Arroganz Grenzen hat. Ob die Entscheidung des Gerichts auch Signalwirkung hat, ist unklar – eben weil sie nur aus formalen Gründen erfolgte.
Denn für die meisten anderen anhängigen Klagen von rumänischen Arbeitern, die ebenfalls ohne Lohn auf der „Mall of Berlin“ gearbeitet haben sollen – was ja offenbar niemand bestreitet –, wird es Zeugen brauchen, die genau dies bestätigen. Vielleicht ermutigt das Urteil möglichst viele, umfassend auszusagen. Damit es zu einem gerechten Urteil kommt.
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