Kommentar zum Flugrouten-Steit: Fluglärm gleich richtig bekämpfen
Wer nur gegen den Fluglärm über seinem Hausdach protestiert, denkt zu kurz.
Fluglärm macht krank. Das ergab erst in diesem Jahr eine Studie des Umweltbundesamtes. Wer nächtlichem Fluglärm ausgesetzt ist, lässt sich mehr Medikamente verschreiben, hat einen höheren Blutdruck, und gerade bei Frauen steigt das Risiko, an Depressionen zu erkranken. Fluglärm ist also mehr als die Dezibel über dem eigenen Hausdach. Doch genau das sehen derzeit die Bürger und Bürgermeister im Süden Berlins, die sich seit gut zwei Wochen gegen den Flug von Maschinen über ihren Häusern wehren, nicht.
Denn sie handeln nach dem Not-in-My-Back-Yard-Prinzip: Als der Flughafen in der Nähe Schönefelds geplant wurde, sagten sie nichts. Als die Anwohner von Blankenfelde-Mahlow, die direkt in der Flugschneise wohnen, vor das Brandenburger Tor zogen, sagten sie nichts. Erst jetzt, wo sie selbst betroffen sein könnten, gehen sie auf die Straße. Dabei hätten sie nur einmal zuvor auf den Stadtplan schauen müssen: BBI wird ein Stadtflughafen. Das ist politisch so gewollt: kurze Wege für die Wirtschaft, für Berliner und Touristen. Und für den Lärm.
Statt das Problem nun aufs weitere Umland zu schieben, wie es die Betroffenen verlangen, muss Fluglärm von Grund auf bekämpft werden. Spürbare Steuern auf Kerosin würden da sicher helfen, genauso wie eine Abgabe zu Klimaschutzzwecken. Fluglärm zu bekämpfen bedeutet erst in zweiter Linie Schallschutzfenster. In erster Linie bedeutet es, weniger zu fliegen. Doch, und das ist die nächste schlechte Nachricht, danach sieht es nicht aus. Nach einem kurzen, wohl wirtschaftskrisenbedingtem Einbruch sind die Passagierzahlen in Berlin und Brandenburg gerade wieder dabei, zu steigen.
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