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Kommentar zum FlüchtlingscampHenkel rettet Grüne aus der Not

Antje Lang-Lendorff
Kommentar von Antje Lang-Lendorff

Bürgermeisterin Monika Herrmann verstrickt sich in Widersprüche. Doch der CDU-Innensenator hilft.

D ie grüne Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann, hat sich im Streit über den Oranienplatz in einen offensichtlichen Widerspruch verwickelt. Sie sagt, sie dulde die Schlafzelte der Flüchtlinge nicht länger. Gleichzeitig beteuert sie, nichts gegen den Willen der Flüchtlinge zu unternehmen, eine Räumung lehnt sie ab. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass sie das Camp eben doch weiter duldet.

Sosehr man Herrmanns Engagement für die Flüchtlinge und ihr Anliegen zu schätzen weiß: Diese Haltung wirkt doch sehr unentschlossen. Wer eine Duldung aufhebt, muss auch die Konsequenzen ziehen.

Die Bürgermeisterin hatte dafür gute Argumente: Ein Winterquartier für die Flüchtlinge war gefunden, das Infozelt für die politische Arbeit soll ohnehin erhalten bleiben. Die Lage auf dem Oranienplatz, die Kälte und den Hunger beschreiben viele Flüchtlinge selbst als zermürbend. Die Gefahr, dass einer der Bewohner irgendwann die Nerven verliert und die Situation eskaliert, war durchaus real. Konnte Herrmann das länger verantworten?

Am frühen Sonntagnachmittag wäre eine gute Gelegenheit dafür gewesen, den Abbau der Schlafzelte unaufgeregt durchzusetzen: Die meisten Flüchtlinge waren in den Wedding gezogen, die Unterstützer noch nicht vor Ort. Doch Herrmann zögerte - und findet sich nun in einer argumentativen Sackgasse wieder. Denn diejenigen Flüchtlinge, die unbedingt im Camp bleiben wollen, werden nicht freiwillig weichen.

Die Bürgermeisterin kann von Glück reden, dass ihr nun Innensenator Frank Henkel (CDU) zu Hilfe kommt. Er stellt dem Bezirk ein Ultimatum: Bis zum 16. Dezember muss der Platz geräumt sein. Er übernimmt damit die Rolle des Hardliners, die Herrmann unter allen Umständen vermeiden möchte. Er greift Herrmann an - und ist gleichzeitig ihr Retter in der Not. Denn die Bürgermeisterin muss nun nicht mehr allein als Feindbild herhalten.

Besser noch: Sie kann sich entspannt zurücklehnen und abwarten. Wenn der Senat am Ende die Sache an sich zieht und den Platz räumen lässt, muss sie keinen Deut von ihrer eigentlich widersprüchlichen Position abrücken. Dann hätte sie geschafft, was ihr offenbar besonders wichtig ist: nicht als diejenige grüne Bürgermeisterin ins Geschichtsbuch einzugehen, die die Polizei rief, um Flüchtlinge gewaltsam vom Platz zu tragen.

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Antje Lang-Lendorff
wochentaz
Teamleiterin Gesellschaft in der wochentaz. Seit 2007 fest bei der taz, zunächst im Berlin-Teil, dann in der Wochenend-Redaktion. Schwerpunkte: Soziales und Reportage.

6 Kommentare

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  • TR
    Trügern Ritin

    Ich finder, das camp sollte erstmal einen Gender-BeauftragtIn bekommen. Mir scheint, da ist viel soziale Ungerechtigkeit und Rollenunterdrückung im Spiel.

  • G
    Gast

    Guter Kommentar! Helfen ist schwer wenn man sich selber politisch überschätzt und Gesetze ausblendet. Es wir bei einer Räumung nicht viel Widerstand von den berlinern geben.

  • M
    M.A.

    Guter Kommentar! Frau Herrmann hat sich in diesem Sachverhalt so sehr verheddert… das es einfach nur noch peinlich ist.

    • U
      Unterstützer
      @M.A.:

      "Guter Kommentar!" oder Nachhilfe in politischer Polizeitaktik durch die taz? Die deutsche und EU Flüchtlingspolitik ist längst eskaliert. Augen auf! Zum Glück gibt es Flüchtlinge und andere Menschen hier vor Ort die bereit sind weiterhin massiv dagegen zu protestieren. Muss eine grüne Politikerin auf ihrer Linie verharren - oder darf es auch einen Dialog geben? Darüber wie Protest (der grüne Positionen vertritt?!) geduldet gelingen kann. Vielleicht ist sie politisch und taktisch doch klüger als ihr viele zutrauen? Hier gibt es auf jeden Fall viele Nachbarn, die bereit sind nicht nur im Notfall runterzukommen um die Flüchtlinge zu unterstützen.

  • G
    gastleser

    Die gespielte Empörung der Frau Herrmann kann ich mir jetzt schon vorstellen, wenn sie nach dem 16. Dezember in den Medien das aufopferungsvolle Unschuldslamm gibt, das im Kampf für die Flüchtlinge dem Druck des Innensenators und den Knüppeln einer natürlich rassistischen Berliner Polizei weichen musste.

    Feigheit, Opportunismus und Heuchelei, mehr fällt mir zu dieser überforderten und rücksichtslos ideologische Partikularinteressen vertretenden Bürgermeisterin nicht ein.

    Insofern ein Spiegelbild des Zustandes weiter Teile der grünen Partei und ihrer Mandatsträger.

  • T
    Tatsachen

    Wahrscheinlich sind unter den protestierenden Migranten tatsächlich Flüchtlinge im Sinne der Definition des UNHCR, des europäischen Rechts und des Grundgesetzes. Ich gehe mal davon aus, dass dies eher solche sind, die ihren Namen und ihre Herkunft nicht verschweigen (warum sollten sie auch). Was die betrifft, welche es tun: Ich möchte das gar nicht mal werten. Aber feststellen, dass man in den allermeisten Ländern dieser Welt (mindesten) solange weggesperrt würde, bis einem eigener Name und Herkunft einfällt.