Kommentar zum FDP-Dreikönigstreffen: Ein Hauch von Tragik

Die Erfolgsbilanz, die Westerwelle in Stuttgart präsentierte, ist gefälscht. Die FDP hat so ziemlich alles falsch gemacht. Und Westerwelle ist ein Chef auf Abruf.

Kein bisschen Selbstkritik. Wir haben fast alles richtig gemacht. Schuld ist die Opposition. Guido Westerwelles Durchhalterede hat in ihrer Hermetik etwas Gespenstisches, Endzeithaftes. Jeder weiß, dass es den Liberalen mies geht. Westerwelle hat aus der FDP eine Single-Issue-Steuersenkungspartei gemacht.

Jetzt, nachdem sogar der eigene Anhang angesichts der Staatsschulden Steuersenkungen für Unfug hält, hat sie kein Thema mehr. Und niemand in der FDP hat einen blassen Schimmer, wo der Ausgang aus diesem Tunnel ist. Die Erfolgsbilanz, die Westerwelle in Stuttgart dröhnend selbstbewusst wie immer präsentierte, ist gefälscht.

Bei der Wahl 2009 war die FDP eine überbewertete Aktie, ihre Stärke geliehen. Sie profitierte von dem Überdruss vieler Unions-Wähler an der großen Koalition. Viele, die damals FDP wählten, meinten eigentlich Nein zur SPD. Und die FDP profitierte von der akuten Angst der oberen Mittelschicht, die nicht für die Krise zahlen will. Der Niedergang der FDP in der Regierung, die ihrer Klientel zuvor das Blaue vom Himmel versprochen hatte, war unvermeidlich.

Aber auch solche heftigen Abstürze kann man besser und schlechter managen. Und die FDP hat so ziemlich alles falsch gemacht. Sie hat zu lange an dem Steuersenkungsmantra festgehalten, anstatt zu akzeptieren, was der Fall ist. Westerwelles zentraler und irreparabler Fehler ist allerdings etwas anderes. Er hat nicht begriffen, dass zur Rolle des Außenministers ein wenig Fingerspitzengefühl und Zurückhaltung gehört. In hemmungsloser Selbstüberschätzung hat er sich weiter als Krawallmacher in innenpolitische Debatten wie die um Hartz IV eingemischt.

So hat er geschafft, was noch kein Politiker seit 1949 zuwege gebracht hat: sich als Außenminister unbeliebt zu machen. Darin liegt, wenn man will, ein Hauch von Tragik. Erst der hochfliegende Ehrgeiz, an die Macht zu kommen. Dann, am Ziel, die Unfähigkeit, daraus etwas Brauchbares zu machen.

Jetzt ist Westerwelle ein Chef auf Abruf. Wenn die FDP in Baden-Württemberg es Ende März nicht in den Landtag schafft, werden die müden Rebellen in der FDP ihn als Chef der Liberalen wohl stürzen müssen. Auch das wird eher ein trauriger Putsch ohne Ziel. Denn einen brauchbaren Nachfolger oder gar jemand, der eine sinnstiftende Idee für die Liberalen verkörpern könnte, ist nicht in Sicht. Man könnte fast Mitleid haben.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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