Kommentar zu verzagten Demokraten: Fürchtet euch nicht!
Hofer? Puh. Le Pen? Oh Gott! Wir sollten damit aufhören, die Teufel an die Wand zu malen. Das motiviert nur die Falschen.

E in Grüner kann am Sonntag Bundespräsident von Österreich werden. In diesem erzkonservativen Land! Was könnte das für eine gute Geschichte sein. Und? Reden jetzt alle über Ideen für eine humanere Asylpolitik als Vorbild für Europa, meinetwegen auch über vegane Schnitzel, Bio-Kaiserschmarrn und Solarzellen auf Almhütten? Schön wär’s!
Natürlich aber wird auch beim vierten Anlauf zur Präsidentschaftswahl in Österreich nur eine Frage diskutiert: Kann dieser nette grüne Herr verhindern, dass ein rechter Sack gewinnt? Und was, wenn nicht? Fallen dann auch die Niederlande, Frankreich, Italien und am Ende 2017 Deutschland quasi automatisch den Rechtspopulisten zu? Können wir dann den Laden dichtmachen? Wir, die wir noch an eine demokratische Zukunft in einem vereinten Europa glauben.
Die Zweifel sickern zurzeit durch fast alle gut gemeinten Zeilen. Die Angst ist vielen Demokraten anzusehen. Das Raunen von den braunen Gefahren übertönt alle anderen Politikversuche.
Hofer? Puh. Le Pen? Oh Gott! Hören wir auf damit, ständig Teufel an die Wand zu malen. Oder auf die Titelseiten. Auch die AfD werden wir so nicht kleinkriegen. Das dauernde „Achtung, Gefahr!“ droht zur Selffulfilling Prophecy zu werden. Das ängstliche „Igitt“ droht viele Rechtswähler erst recht zu motivieren – jedenfalls wenn sie nicht gleichzeitig neue, attraktive, ernst gemeinte Ideen zu hören bekommen.
Wenn die berechtigte Warnung vor den Rechten nicht endlich verbunden wird mit einer positiven Botschaft. Mit politischen Angeboten, die über das deprimierend inhaltsleere „Weiter so“ in Angela Merkels Wiederwahlbewerbung hinausgehen.
Was nichts nützt: reflexartig den Rechten nachzuplappern. Da setzen die Originale immer noch einen drauf. Was aber auch nichts nützt: reflexartig das extreme Gegenteil zu versuchen. Wer Abschottungsfanatiker von komplett offenen Grenzen überzeugen will, wird scheitern.
Liebe Demokraten: Vergesst kurz mal die AfD! Hört auf, ängstlich auf die rechte Konkurrenz zu starren und alles darauf auszurichten. Überlegt euch neue, eigene Konzepte, die ihr selbstbewusst vertreten könnt. Ein realistisches Einwanderungsgesetz. Eine mutige Sozialpolitik, die Abgehängten Perspektiven bietet. Ja, auch neue Koalitionen und neue Kandidaten, die nicht verdruckst wie Sigmar Gabriel, sondern schwungvoll wie Bernie Sanders antreten. Oder – warum nicht – Manuela Schwesig. Glaubt noch jemand an die traditionellen Kriterien bei der Kandidatensuche?
Hauptsache: Fürchtet euch nicht. Kämpft! Mit Energie! Und sei es für solarbetriebene Skilifte in Österreich. Das wäre doch ein Anfang.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart