Kommentar zu Wasserverträgen: Volk erinnert die Politik an Grundwerte
Die Koalition gibt bei Volksbegehren jetzt häufiger nach - wenn sie sie in Bedrängnis bringen.
Es gab mal Zeiten, da hatte der rot-rote Senat ein echtes Problem. Immer wenn das Volk ein Begehren äußerte, zogen sich die Politiker beleidigt in ihr Kämmerlein zurück. Ob es nun um die Zukunft des Tempelhofer Flugfeldes oder der Spreeufer ging, der Senat kündigte dickköpfig an, dass ihm das herzlich egal sei. Formal war er zwar im Recht. Doch für die Demokratie ist solche Ignoranz blamabel.
Mittlerweile aber präsentiert sich der Senat gelassener. Wenn der Bürger ein Begehren äußert, zeigt sich die Landesregierung als oberste Dienerin ihres Volkes und rollt den roten Teppich aus. Erst kam sie den Eltern mit rund 75 Millionen Euro entgegen, die eine bessere Ausstattung der Kindertagesstätten verlangten. Nun wird mal eben ein Gesetz geändert, damit - wie von der Initiative "Wassertisch" gefordert - der Kaufvertrag für die Wasserbetriebe veröffentlicht werden kann. Hat da etwa ein Strategie-, ein Politikwechsel gar stattgefunden? Die Antwort ist: Leider nein.
Denn zwei Dinge sind offensichtlich. Zum einen gibt der Senat nur bei Initiativen klein bei, die eigentlich nur das fordern was man von einer rot-roten Regierung doch selbstverständlich erwarten sollte. Zum anderen steht im kommenden Jahr die Abgeordnetenhauswahl an. Und dass eine Wahl mit inhaltlich brisanten Fragen verknüpft wird, kann vielleicht der Opposition, nur selten jedoch der Regierung passen. Ab 2011, da kann man jetzt schon drauf wetten, wird die Landesregierung - welche Farbe sie dann auch immer hat - wieder jede unbequeme Basisinitiative so lange wie möglich ignorieren. Es klingt frustrierend. Aber wenn es wenigstens gelingt, Regierungsparteien an ihre eigentliche Grundhaltung zu erinnern, ist das ja auch schon mal was.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!