Kommentar zu Nußbaums Rücktritt: Er erspart sich den Knatsch
Ulrich Nußbaum hatte keine andere Wahl als zurückzutreten: Es war absehbar, dass sein nächster Chef und er kein Dreamteam werden.
E r hatte keine andere Wahl: Ulrich Nußbaum, der parteilose, aber von der SPD aufgestellte Finanzsenator, musste es am Freitag Klaus Wowereit gleichtun und zurücktreten. Nicht, weil er irgendetwas Gravierendes falsch gemacht hat. Sondern weil er keine Zukunft sah. Wahrscheinlich wird der nächste Regierende Bürgermeister – und damit Chef des Finanzsenators – Stadtentwicklungssenator Michael Müller: Nußbaum und er können sich – vorsichtig ausgedrückt – nicht ausstehen. Oder aber SPD-Landeschef Jan Stöß: Der hat für diesen Fall schon angekündigt, mit viel Geld beispielsweise den Wohnungsbau ankurbeln zu wollen. Das passt dem Haushaltsanier Nußbaum überhaupt nicht ins Konzept. Er musste also schnell handeln: Stöß oder Müller können schon am heutigen Samstag als alleinige Sieger aus dem SPD-Mitgliedervotum hervorgehen.
Auf den ersten Blick hat der nächste Regierende mit Nußbaums Abgang ein Problem weniger: Er muss ihn nicht noch rausekeln. Aber einen ebenso sachkundigen wie verhandlungsstarken Nachfolger zu finden, wird nicht einfach – und sollte gleichzeitig schnell gehen. Denn dem Wowereit-Nachfolger bleiben weniger als zwei Jahre, um sich im Amt zu bewähren und von den Berliner darin bestätigt zu werden. Eine ordentliche Haushaltspolitik gehört in der schuldengeplagten Hauptstadt da dazu.
Ist dies die Chance für Arbeits- und Integrationssenatorin Dilek Kolat, zuvor finanzpolitische Sprecherin der SPD im Abgeordnetenhaus, die eher ungern auf dem Migrantinnenticket fährt? Zwar würde dieser Ämtertausch das SPD-Personalkarussell im Senat noch etwas heftiger drehen lassen. Aber einen Senator für Arbeit, das hat die Vergangenheit gezeigt, findet die SPD immer noch leichter als einen weiteren Finanzexperten. Bert Schulz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!