Kommentar zu Koalitionsverhandlungen: Es kommt auf die Kohle an
Rot-Rot-Grün will aus dem Stadtwerk endlich was Richtiges machen und nimmt dafür viel Geld in die Hand: Ein wichtiger Schritt nach vorn.
Auf die Kohle kommt es an. Das stimmt bei der Energiepolitik des künftigen rot-rot-grünen Senats gleich in zweierlei Hinsicht. Erstens wollen die Koalitionäre den Abschied von der Steinkohleverstromung (und der Produktion von Fernwärme aus Kohle) bis spätestens 2030 ermöglichen.
Ob ihnen das wirklich gelingt, steht noch in den Sternen. Viel hängt davon ab, wie sich die Bedingungen für die bundesweite Energiewende entwickeln, aber auch von der Zulässigkeit der notwendigen Regulierungen: Wenn im Land tatsächlich strengere Grenzwerte für den CO2-Ausstoß gelten sollten, dürfte sich Vattenfall mit allen verfügbaren juristischen Mitteln dagegen wehren.
Beim Thema „Stadtwerke“ geht es dagegen einfach mal ums Geld: nämlich darum, den aus Anlass des am Ende knapp gescheiterten Energie-Volksentscheids von 2013 gegründeten Ökostromversorger endlich hochzupäppeln.
Die CDU hatte bislang alles unternommen, um die landeseigene Vattenfall-Konkurrenz im viel beschworenen „Bonsai“-Format zu halten: Die Stadtwerke durften nicht mit Fremdstrom handeln, was in der Wachstumsphase dringend notwendig ist, aber auch an ein ernst zu nehmendes Marketing war bei dem schmalen Etat nicht zu denken.
Kein Wunder, dass sie inzwischen sogar Strom für rechnerisch 20.000 Haushalte produzieren, aber gerade mal 1.300 Kunden in der Kartei haben. Denn es ist so traurig wie wahr: Auch in Zeiten der Social Media braucht es offenbar ganz konventionelle Werbemaßnahmen, um ein gutes Produkt zu popularisieren.
Mit der geplanten umfangreichen Aufstockung des Eigenkapitals und der Kappung der regulatorischen Fesseln dürfte das sehr schnell ganz anders werden. Dann kann in großem Maßstab ein Produkt verbreitet werden, das den Verbraucher in jeglicher Hinsicht überzeugt: Erstens ist es zu hundert Prozent ökologisch, zweitens ist der Strom aus Sonne und Wind locally grown, und drittens, das überzeugt auch alle Ökomuffel, ist es billiger als das der Konkurrenz von Vattenfall.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen