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Kommentar von Marthe Ruddat über die Bundeswehr-Patenschaften für KitasVon pädagogischer Verantwortung keine Spur

Die Bundeswehr ist im Werberausch, ein üppiges Budget macht das möglich. Facebook, Youtube, Werbeplakate. Und Kitas. In Hamburg St. Pauli ist die Fregatte Hamburg Patin einer evangelischen Kita. Die SoldatInnen werkeln ein bisschen, spielen mit den Kleinen und haben Geschenke dabei.

Die Kinder finden das sicher toll. Welches Kind findet Geschenke schon doof? Außerdem sind die SoldatInnen bestimmt total nett – sie sollen ja laut ihrer Dienstvorschrift für mehr Verständnis und Vertrauen in der Bevölkerung werben. Und machen dabei nicht einmal halt vor Kindern, die gerade lernen, mit Messer und Gabel zu essen.

Den Offizieren der Fregatte Hamburg mangelt es offenbar dermaßen an Sensibilität für ihren eigenen Job, dass sie ein Foto ihres Kampfschiffes auf Kinderpullover drucken. Und in der selben Uniform mit Kleinkindern spielen, in der sie vor der Küste Afrikas im Einsatz gegen Piraten sind. Klar, über Tod und Knarren wird nicht gesprochen. Genau das wäre aber notwendig, um den Geschmack von einseitigem Lobbyismus und Indoktrination los zu werden. Genau das wäre aber auch nirgends so unangebracht wie in der Kita. Deshalb haben SoldatInnen in Kitas nichts zu suchen.

Das zu erkennen, wäre die Aufgabe des Kita-Trägers und der Leiterin gewesen. Der neu gestrichene Kitazaun und der Bundeswehrkalender für den Gruppensaal waren aber zu verlockend und die eigene pädagogische Verantwortung schnell vergessen – seit mehr als zwölf Jahren. Selbst für Coca-Cola wäre es deutlich schwerer, einen Fuß in die Kita-Tür zu bekommen, selbst wenn es mit Spendenscheck in der Hand wedeln würde.

Diskussionsbedarf gibt es reichlich. Kritische Fragen, auch von den Eltern, sind aber unerwünscht. Wer etwas gegen die Marine-Patenschaft hat, der muss sein Kind halt woanders anmelden. Und wer keine Auswahl hat, der muss mit dem Programm der wohlgemerkt evangelischen Kita halt klarkommen. Im besten Fall findet die notwendige pädagogische Aufarbeitung der SoldatInnenbesuche Zuhause statt. Vor Gott sind eben doch nicht alle gleich.

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