Kommentar von Benno Schirrmeister über den vermeintlichen Radikalenerlass: Wehrhaft, nicht willkürlich
Wie wehrhaft darf eine Demokratie sein? So weit, wie sie es demokratisch sein kann. In diesem Sinne ist es dumpfe Reflex-Opposition, wenn der Hamburger Linken-Abgeordnete Deniz Celik gleich von Berufsverboten poltert, um die rot-grüne Forderung nach Regeln zu verdammen, die helfen, Hamburgs öffentlichen Dienst von Verfassungsfeinden zu befreien.
Es ist auch inkonsequent: Gerade erst hatte die Linksfraktion den Senat beschimpft, weil er die Vermietung städtischer Immobilien an Tino Chrupalla (AfD) und Konsorten nicht verhindert hatte. Findet Hamburgs Linke, Rechtsextreme sollten zwar nicht in der Friedrich-Ebert-Halle zu ihresgleichen sprechen, aber als Lehrkräfte Kindern menschenfeindliches Verhalten beibringen dürfen? Sind rassistische Polizist*innen oder Richter*innen am Ende doch okay?
Das Beamtenrecht erlaubt hier schon Eingriffe. Stark nach Willkür müffelnde Fälle von Ausbildungs- und Berufsverboten, wie jener der bayrischen Lehramtsanwärterin Lisa Poettinger, der wegen Kritik an der Automobilindustrie das Referendariat verwehrt wird, weisen eher darauf hin: Die Kriterien könnten zu schwammig sein. Sie nachzuschärfen, wäre also von Vorteil: Der undemokratische Charakter des sogenannten Radikalen-Erlass von 1972 zeigt sich ja in seiner fiesen Unbestimmtheit, die beliebigste Deutungen erlaubt.
Verbindliche, transparente, die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte berücksichtigende Regeln, das wäre das Gegenteil: ein demokratisches Gesetz zum Schutz der Demokratie. Es zu fordern und daran mitzuwirken, wäre gute Oppositions-, es rechtzeitig auf den Weg zu bringen, kluge Regierungs-Arbeit gewesen. Schade, hat mal wieder nicht hingehauen.
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