Kommentar unabhängige Richter: Unrettbar befangen
Lassen sich Richter am Verwaltungsgericht in Oldenburg von den Ausländerbehörden vorab über geplante Abschiebungen, sind sie unrettbar befangen. Daran kann überhaupt kein Zweifel bestehen.
L assen sich Richter am Verwaltungsgericht in Oldenburg von den Ausländerbehörden vorab über geplante Abschiebungen informieren, sind sie unrettbar befangen. Daran kann kein Zweifel bestehen.
In dem Moment, in dem sie die Akten der Betroffenen auf ihrem Schreibtisch haben, beginnt das Dilemma: Behalten sie den Abschiebetermin für sich, werden sie zum Geheimnisträger der Behörden und machen sich mit ihnen gemein. Geben sie aber bekannt, dass sie um den Termin wissen und die Akten zum Fall vorliegen haben, werden die Betroffenen und ihre Anwälte ihnen sofort Befangenheit vorwerfen und einen entsprechenden Antrag stellen.
Unangekündigte Abschiebungen sind schon belastend genug. Wenn sich dann auch noch das Verwaltungsgericht auf die Seite der abschiebenden Behörde stellt – und nichts anderes tun die Richter, wenn sie mit den Ausländerbehörden heimlich zusammenarbeiten – wird es wirklich unschön. Wozu gibt es denn Gewaltenteilung?
Um eben jene Interessenkonflikte zu vermeiden: Auf der einen Seite sollte in diesem Fall die Exekutive, also die ausführende Ausländerbehörde stehen und auf der anderen Seite die Judikative – vertreten durch unabhängige Richter. Und eben diese Unabhängigkeit geben die Richter natürlich dran, wenn sich sie sich zum Mitwisser machen und den Behörden Privilegien einräumen, die sie der Gegenseite nicht gewähren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau