Kommentar (siehe Seite 22): Rücktrittsrückschritt
■ Die Opposition hat Scherf wieder lieb
Ungewohnt deutlich haben heute die vier Mitglieder des JVA-Untersuchungsausschusses den politisch obersten Schuldigen im Knast-Skandal benannt. Und das auch noch in ungewohnt einhelliger Manier. Von grün bis schwarz stand fest: Justizsenator Henning Scherf trägt nicht nur die „Rahmenverantwortung“. Er muß – wie alle SenatorInnen – zusehen, daß der Laden professionell geführt und vor allem professionell kontrolliert wird. Tat er aber nicht. Da-rum sind die jetzt untersuchten Mißstände entstanden.
Trotzdem ist die Opposition aus Grünen und AfB urplötzlich und erstaunlicherweise ausgerechnet jetzt von ihrer ersten Forderung nach Scherfs Rücktritt abgerückt. Zur Begründung hieß es, es habe ohnehin keinen Zweck, solche Konsequenzen zu fordern, da sie nur unbeachtet im Wald der großen Koalition verhallen würden. Das mag richtig sein – vor allem bei Henning Scherf. Dann ist die Forderung aber von Anfang an völlig unsinnig. Die jetzige Begründung jedenfalls ist eine Abkehr von demokratischen Prinzipien. Man fragt sich, warum die logischerweise zahlenmäßig unterlegene Opposition überhaupt noch zu den Bürgerschaftsdebatten erscheint.
Immerhin scheint sich jetzt ein Konsens in allen Parteien zu finden, das Justizressort vom Amt des Regierungschefs abzukoppeln. Das ist offensichtlich dringend nötig. Scherf hat anschaulich vorgemacht, wie schnell auch ein Senator überlastet ist. Jens Tittmann
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