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Kommentar pro DeutschtestsEndlich ein konkreter Vorschlag

Antje Lang-Lendorff
Kommentar von Antje Lang-Lendorff

Wenn man eine kleine Gruppe von Eltern nicht anders erreicht als über Bußgelder, ist das zwar traurig. Trotzdem muss der Staat hier Druck ausüben - im Interesse der Kinder.

M an kann das Gejammer über Integrationsprobleme nicht mehr hören. Die Gesellschaft ist gespalten! Die Politiker wissen nicht, was sie tun sollen! Allzu viele Sätze wie diese geisterten im Sarrazin-Jahr 2010 durch die Talkshows. Viel zu oft wurden dabei auch ausländerfeindliche Ressentiments bedient. Und viel zu selten war ein konstruktiver Vorschlag darunter, was man denn tun kann, um an der in mancher Hinsicht tatsächlich schwierigen Situation in sozialen Brennpunkten etwas zu ändern. Wenn Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) jetzt ankündigt, Sprachtests für Drei- bis Vierjährige zu prüfen, um schon die Kleinen in die Kitas zu holen, ist das endlich mal ein konkretes Vorhaben. Das durchaus sinnvoll sein kann.

Die Probleme in den Grundschulen sind bekannt: Lehrer fühlen sich überfordert, Mädchen und Jungen Lesen und Schreiben beizubringen, wenn die schlecht Deutsch sprechen. Das lässt sich mit der jetzigen Personalausstattung nur schwer wettmachen. Deutsche Eltern meiden Schulen mit hohem Migrantenanteil, weil sie Angst haben, ihr Nachwuchs könnte nicht genug gefördert werden. Wer an den "Restschulen" bleibt, hat deutlich schlechtere Chancen, nach einem Schulabschluss eine Lehrstelle zu ergattern, Abitur zu machen oder an einer Hochschule zu landen.

Deshalb ist es richtig, den Sprachstand der Kinder früh zu testen - und im Zweifelsfall einen Halbtags-Kitabesuch vorzuschreiben. Dabei geht es nicht darum, die Gruppe der Migranten zu drangsalieren. Es geht um die Mädchen und Jungen selbst. Sie sollen früh genug in einer Kita auch die deutsche Sprache lernen. Um später bessere Chancen in der Schule und eine berufliche Perspektive zu haben. Wenn man eine kleine Gruppe von Eltern nicht anders erreicht als über Bußgelder, ist das zwar traurig. Trotzdem muss der Staat hier Druck ausüben - im Interesse der Kinder.

Bleibt der Vorbehalt, ob eine solche De-facto-Kitapflicht mit der Verfassung vereinbar wäre. Das müssen die Juristen entscheiden. Eine eingehende Prüfung ist Zöllners Vorschlag in jedem Fall wert.

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Antje Lang-Lendorff
wochentaz
Teamleiterin Gesellschaft in der wochentaz. Seit 2007 fest bei der taz, zunächst im Berlin-Teil, dann in der Wochenend-Redaktion. Schwerpunkte: Soziales und Reportage.
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2 Kommentare

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  • C
    Clauseline

    Die Idee, ausländische Kinder in die Kita gehen zu lassen, finde ich schon ziemlich sinnvoll und vernünftig. Es geht um die Zukunft dieser Kinder. Schade, das nicht alle Eltern erkennen, wie wichtig die Sprache ist. Das betrifft übrigens auch deutsche Eltern, die ihre Kinder nur vor die Glotze setzen, bis sie zur Schule kommen.

    Darum wäre eine KITA-Pflicht für ALLE Kinder sinnvoll.

  • H
    Hatem

    Sehe ich genauso.

     

    Ich würde aber noch eine weitergehende Regelung einführen: Wenn die Eltern von Kleinkindern nicht genug Deutsch sprechen um ihren Kindern Deutsch beizubringen, sollten die Eltern zu Sprachkursen verpflichtet werden.