Kommentar privat versicherte Arbeitslose: Auf Kosten des Sozialstaates
Privat versicherte Hartz-IV-Empfänger sind der Regierung mehr wert wie gesetzlich versicherte. Diese Ungerechtigkeit hat das Arbeitsministerium jetzt sogar zementiert.
P rivat versicherte Hartz-IV-Empfänger sind der Regierung mehr als doppelt so viel wert wie gesetzlich versicherte Langzeitarbeitslose. Diese Ungerechtigkeit hat jetzt das Arbeitsministerium zementiert: Die Jobcenter übernehmen rückwirkend ab Januar die vollen Versicherungsbeiträge, die die private Krankenversicherung von Arbeitslosengeld-II-Empfängern verlangt: 287,50 Euro monatlich. Für gesetzlich Versicherte dagegen gibt es bloß 131 Euro.
Sicher: Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts war diese Regelung zu erwarten. Niemand kann wollen, dass privat versicherte Arbeitslose einen Schuldenberg anhäufen, weil sie einerseits ihre private Krankenversicherung nicht bezahlen können, andererseits aber auch keine Möglichkeit haben, in die gesetzliche Krankenversicherung zurückzuwechseln.
Betroffen von der neuen Regelung sind insgesamt 6.000 Menschen; die jährlichen Zusatzausgaben für die Bundesarbeitsagentur belaufen sich auf 11 Millionen Euro. Gemessen an den Milliardenbeträgen, die im Gesundheitssystem bewegt werden, muten diese Zahlen beinahe niedlich an.
HEIKE HAARHOFF ist taz-Redakteurin im Ressort Innenpolitik.
Trotzdem ist es keineswegs vernachlässigenswert, sondern tatsächlich empörend, dass es offenbar keine gesetzliche Handhabe gibt, die gewinnorientiert wirtschaftende private Krankenversicherung zu einem internen Sozialausgleich und damit zur Kostenübernahme zu zwingen.
Wer das ändern will, der muss das Zwei-Klassen-Gesundheitssystem in Deutschland abschaffen. Von allein jedenfalls dürfte die private Krankenversicherung kaum darauf kommen, plötzlich Solidarität zwischen Arm und Reich zu praktizieren - das widerspräche ihrem Geschäftsmodell. 2013 ist Wahljahr. Eine gute Gelegenheit für den Systemwechsel.
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