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Kommentar polnische NS-OpferAlle gehören einbezogen

Kommentar von Katrin Steffen

Errichtet werden soll ein Denkmal für alle polnischen NS-Opfer. Dabei geht es gerade nicht darum, nur „ethnischer Polen“ zu gedenken.

Die Autorin plädiert dafür, eine Trennung in „wahre Polen“ und „die Anderen“ unbedingt zu vermeiden Foto: dpa

P olnische Opfer des Nationalsozialismus spielten im deutschen Erinnerungsdiskurs bislang kaum eine Rolle. Eine Diskussion darüber, wie diese Leerstelle gefüllt werden kann, ist sehr zu begrüßen und entspricht ganz den Zielen der Initiative zur Errichtung eines entsprechenden Denkmals. Polemiken bleiben dabei nicht aus. Als solche ist die Meinung Stephan Lehn­staedts in der taz vom 7. Dezember zu verstehen, der ­behauptet, den Initiatoren ginge es um ein Denkmal „nur für ethnische Polen“.

Dies steht nicht in dem Aufruf, im Gegenteil. Es geht gerade nicht darum, das Andenken an die polnischen Juden geschichtspolitisch zugunsten eines Gedenkens an nichtjüdische Polen zu „entsorgen“, sondern darum, in Deutschland aller Opfer der Besetzung in Polen zu gedenken und das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass dazu auch nichtjüdische Polen gehören.

Ohnehin lassen sich diese Gruppen nicht klar voneinander scheiden, haben sich doch Juden in Polen auch mit Polen identifiziert, sie sind als Polen und als Juden ermordet worden. Es kann kaum eine Aufgabe sein, dies erinnerungs­politisch zu trennen; genauso wenig, wie es eine deutsch-polnische Geschichte ohne jüdische Geschichte geben kann.

Katrin Steffen

ist Historikerin am Nordost-Institut in Lüneburg und war von 2002 bis 2007 wissenschaft­liche Mit­arbeiterin am ­Deutschen Historischen Institut Warschau. Sie gehört zu den Unterzeichnern des Aufrufs „für ein Polen-Denkmal in der Mitte Berlins“.

Befremdlich mutet es daher an, der Initiative zu unterstellen, sie hätte ein Denkmal für die „wahren“ Polen im Sinn. Damit rückt Lehnstaedt den Unterstützerkreis in die Nähe nationalistischer und antisemitischer Kreise in Polen, die eine solche Trennung in „wahre“ Polen (sprich: katholische, na­tionalpolnische, heterosexuelle Männer und Frauen) und die „Anderen“ (sprich: Juden, Feminist*innen, Homosexuelle, Linke) vornehmen.

Von solchen Konzepten ist der Unterstützerkreis meilenweit entfernt. Es geht um das überfällige Sprechen über polnische Opfer der nationalsozialistischen Besetzung. Ein Gespräch, das die Opfergruppen nicht voneinander trennt, aber auch die Unterschiede des Verfolgungskontextes nicht vernachlässigt.

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7 Kommentare

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  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    "Errichtet werden soll ein Denkmal für alle polnischen NS-Opfer. Dabei geht es gerade nicht darum, nur „ethnischer Polen“ zu gedenken."

     

    Genau deshalb fände ich es schön, einen Ort in Deutschland zu haben, wo ich auch meiner nicht-jüdischen Urgroßmutter gedenken darf die ebenfalls in Ausschwitz ermordet wurde ohne dass es in eine vermeintliche Konkurenz mit den jüdischen Opfern gerät und ich den jüdischen Opfern eben gleichzeitg auch meinen Respekt zollen kann.

     

    Meine Großeltern haben ebenfalls unter der deutschen Besatzung gelitten und ich fände es schön, wenn dieses Leiden auch endlich anerkannt und gewürdigt wird ohne dass es in Konkurenz zu den Leiden der jüdischen Polen stehen muss.

     

    Deshalb findet ein solches gemeinsames und verbindendes Denkmal meine volle Unterstützung.

  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    "Ohnehin lassen sich diese Gruppen nicht klar voneinander scheiden, haben sich doch Juden in Polen auch mit Polen identifiziert, sie sind als Polen und als Juden ermordet worden"

     

    Richtig und es gibt noch mehr Gründe:

     

    1) Die Besatzer stellten das Retten und Verstecken von Juden unter Todesstrafe (dies war nur im besetzten Polen so).

     

    2) Der polnische Untergrundstaat wiederum setzte das Verraten von Juden unter Todesstrafe

     

    3) Mit der Organisation Zegota unterhielt der polnische Untergrundstaat (als einziger Widerstand im deutsch-bestzten Europa) eine eigene Einrichtung zur Rettung von Juden.

     

    4) Als die jüdischen Ausftändischen im Gettho 1943 sich erhoben hissten sie neben der weiß-blauen Fahne ihrer Widerstandsorganisation auch die polnische Nationalflagge. Der Aufstand erhielt auch Unterstützung durch den polnischen Untergrundstaat.

     

    5) Jüdische und nicht jüdische Polen kämpfte gemeinsam Seite an Seite im Warschauer Aufstand 1944 gegen die Besatzer.

     

    6) Der Rassismus der deutschen Besatzer traf alle Polen, alle litten unter der nationalsozialistischen Besatzung.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Ich meine, wenn Deutsche vom Warschauer Aufstand reden hören, denkt die Mehrheit an den im Ghetto 1943, nicht den in Warschau 1944 (die sogenannte "Godzina W"), bei dem ca. 200000 Warschauer ums Leben gekommen sind. Das polnische Fernsehen hat eine m.E. sehr sehenswerte Serie produziert (Czas Honoru = Zeit der Ehre), die m.W. im irischen Fernsehen lief, aber "natürlich" nicht bei uns. Wir sollten zunächst damit beginnen, mal an die Ereignisse damals zu denken und sie zu einem Teil unserer "Erinnerung" zu machen, bevor wir dem weithin Unbekannten ein Denkmal setzen. Obwohl: wenn dieses der "Denk-mal-Findung" dient, gerne! Allerdings bezweifle ich das.

    • @849 (Profil gelöscht):

      Ich dachte dass würde nur ein BP Roman Herzog verwechseln. Keine Ahnung warum der sich vor seiner Rede nicht noch kurz auf Wikipedia schlau gemacht hat.

       

      Aber Recherchieren, Lesen und Nachdenken werden Politiker wohl nur, wenn es um den eigenen Geldbeutel geht.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Gostav:

        Ich glaube eher, das bestätigt das, was ich zu Beginn meines Beitrags schrieb: die meisten Deutschen wissen nix vom Warschauer Aufstand 44 und es interessiert sie bisher auch gar nicht. Wenn wir von Polen und den Nazis reden, stehen die Juden derart im Vordergrund, dass die übrigen Polen das Nachsehen haben.

        • 4G
          4845 (Profil gelöscht)
          @849 (Profil gelöscht):

          Nicht nur dass es ein Missverhältnis in der Wahrnehmung der polnischen Opfer gibt, auch wird in Deutschland oft ausgiebig über die Verbrechen im Rußlandfeldzug gesprochen und dabei vergessen, dass der Auftakt zum Vernichtungsfeldzug bereits beim Überfall auf Polen 1939 begann.

        • 4G
          4845 (Profil gelöscht)
          @849 (Profil gelöscht):

          Diese Verwechslung ist mir sogar aus sogenannten historischen Programmen der öffentlich-rechtlichen Sendern bekannt....