Kommentar jugendliche Kriminelle: Justiz als Reparaturbetrieb
Hat das System versagt? Jedem jugendlichen Gewalttäter ein Staatsanwalt, das mag ein Ansatz sein - hinreichend aber ist es nicht.
E in Jugendlicher ersticht einen anderen ohne jeden Anlass. Und dann kommt heraus, dass der mutmaßliche Täter seit Jahren polizeibekannt ist. Hat das System der Jugendhilfe versagt?
Zunächst zeigt der Fall, dass das "Protäkt"-Programm, das jugendliche Wiederholungstäter schnell nach der Tat vor Gericht bringen soll, einen Konstruktionsfehler hat: Es greift nur bei jenen Jugendlichen, die schon vor der Tat im Programm sind. Diesen Irrtum könnte man beheben.
Aber was hätte es gebracht, wenn der nun verdächtige Elias A. für das ihm zur Last gelegte "Abziehdelikt" schon verurteilt gewesen wäre, bevor er am vergangenen Wochenende auf Mel C. traf? A. hätte ein paar Tage gemeinnütziger Arbeit geleistet. Hätte ihn das daran gehindert, jemanden zu erstechen?
"Protäkt" mag ein Ansatz sein, hinreichend ist es nicht. Gewalttätigen Jugendlichen einen "eigenen" Staatsanwalt gegenüberzustellen, setzt erst nach der Tat an. Viel dringender wäre, solchen Jugendlichen Angebote zu machen: therapeutische, pädagogische, berufliche; in Abstimmung mit den Eltern. Im Fall Elias A. scheint schon die in Hamburg chronisch unterfinanzierte Familienhilfe versagt zu haben. Bereits als Zehnjähriger soll er gewalttätig geworden sein. Und daran hat sich in sechs Jahren offenbar nichts geändert. Staatsanwälte werden da auch nicht viel reparieren können.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn