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Kommentar grüne NetzpolitikGrüne auf Kaperfahrt

Ulrich Schulte
Kommentar von Ulrich Schulte

In der Netzpolitik wird sich für die Grünen entscheiden, ob sie der Piratenpartei ein Alleinstellungsmerkmal nehmen können. Doch sie stecken in einer Klemme.

B ERLIN taz Die Netzpolitik droht auf dem Grünen-Parteitag angesichts der großen Finanz- und Europafragen unterzugehen. Das wäre schade. Denn das Thema ist zu wichtig für eine protokollarische Fußnote.

Hier wird sich für die Grünen entscheiden, ob sie der Piratenpartei ein Alleinstellungsmerkmal abkaufen können. Zwar können die Grünen bei der Digitalisierung und dem Internet mehr Expertise vorweisen als alle anderen konventionellen Parteien, weil sie sich früh gekümmert haben. Aber es sind die Piraten, denen die Netzcommunity die Kompetenz zuschreibt.

Selbst Spitzengrüne verhehlen ihren Respekt vor der neuen Konkurrenz nicht. Kein Wunder, sie ist eine strategische Gefahr für ein rot-grünes Bündnis im Bund 2013. Wenn es die Piraten in den Bundestag schaffen, könnten sie Rot-Grün die entscheidenden Prozentpunkte kosten. Und die Grünen von der Macht fernhalten, denn Rot-Rot-Grün ist keine Option und eine große Koalition allemal wahrscheinlicher als Schwarz-Grün. Die grüne Furcht vor den Piraten hat also einen sehr konkreten Grund.

Anja Weber
ULRICH SCHULTE

ist Leiter des Berliner Parlamentsbüros der taz.

Welche taktischen Fallen bei der Auseinandersetzung lauern, zeigt sich für die Grünen jetzt beim Urheberrecht. Während die Netzpolitiker der Partei dem verstaubten Urheberrecht an den Kragen wollen, protestieren die Kulturpolitiker heftig. Die Grünen stecken in einer taktischen Klemme, die nur mit einem weichen Kompromiss aufzulösen ist. Denn eine radikal progressive Verortung, wie sie die Piraten vornehmen, schadet einem urgrünen Klientel - Künstlern, Autoren oder Journalisten.

Fast noch gefährlicher für die Grünen ist ein rational kaum greifbarer Faktor. Es geht um Sexiness. Im Moment gelten die Piraten als jung, cool und aufregend - Attribute, die einst Grüne für sich beanspruchen konnten. Solch affirmative Zuschreibungen sind oft nicht von der Realität gedeckt, doch sie können in Zeiten sich auflösender Lager bei Wahlen spielentscheidend sein.

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Ulrich Schulte
Leiter Parlamentsbüro
Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.
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3 Kommentare

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  • R
    RainerFS

    Na Super, wer selber keine kreativen Ideen hat, soll die der Anderen umsonst bekommen. Und dann soll ich für meine eigene Arbeit zahlen (an wen eigentlich) wenn ich weiter die Rechte daran behalten will.

    Das erinnert mich doch an die Schnippelbuchzeit in den 80ern. Alle konnten sich bedienen und keiner fragte nach dem woher.

    Das sich die Grossunternehmen immer neue Bedingungen ausdenken um selber mehr Geld zu verdienen ist die eine Seite, dass uns nun auch die Grünen von politischer Seite in den Rücken fallen ist ein weiteres Zeichen für völlige Hilflosigkeit und offensichtliches Lobbytum innerhalb der ehemaligen Alternative.

    In dem Moment, in dem ihr selbst kreativ werdet, werdet ihr auch merken, dass da eine Menge Arbeit hinter steckt, die man nicht so einfach verschenkt.

    Oder habt ihr auch noch ein paar Doktoranden, die sich auf abgelaufenes Urheberrecht berufen müssen?

  • AH
    andreas hub

    als freier journalist konnte ich vor 30, vor 20, vor zehn jahren ziemlich gut leben. heute glauben verleger, meine leistung mit einem almosen honorieren zu dürfen und dafür auch noch sämtliche nutzungsrechte einsacken zu dürfen - und jetzt kommen die grünen und meinen, och nee, urheberrecht und so´n zeugs, das brauchen wir doch nicht mehr. sorry - und wieder ein stammwähler weniger...

  • KG
    Keine Grünen

    Die Künstler werden durch total-buy-out-Verträge klein gehalten.

    Ständig müssen Verträge vor Gericht verhandelt werden und die tausenden anderen Opfer werden nicht automatisch entschädigt sondern müssen selber klagen als arme Künstler.

     

    Genossenschaftliche Vermarktungen der Künstler würden weniger für die Mitesser übrig lassen. So wie Fairtrade.

     

    Die Grünen haben die Ebook-Preisbindung eingeführt. Springer will eine Papierfabrik in Russland weil die Preise so hoch sind. Die lupenrein demokratischen Bauunternehmen freuen sich sicher schon.

     

    Die Grünen haben UMTS versteigert und was ist draus geworden ? Wieso haben die interessierten Gemeinden nicht ein WiFree-Netze aufbauen helfen ? Die letzte Meile zahlen die Bürger aus eigener versteuerter Tasche. Nur der Backbone zum Bahnhof (dort liegen die Glasfasern) per Ampeln und Richtfunk wird von Firmen gestellt. Berliner Ampeln sind evtl. zu schwach für eine 150-Gramm-Wifi-Antenne (Kabel+Antenne).

     

    Die Piraten sind auch eher Konsumenten als denn Erschaffer und Durchsetzer sinnvollen nützlichen Computer-Einsatzes.

     

    Die Grünen haben trotz ewiger Streitereien bisher immer noch kein demokratisches Abstimm-Internet-System. Liquid schafft wohl nur Stimmungsbilder. Da müssten neue Ideen her. Aber wer sowas kann, will sicher nicht auf Listen landen oder wie die Anti-Plagiatoren von der Presse zwangsgeoutet werden, sondern seinen Informatik-Dr. durchziehen und dann Bitkom-Software wie Elster, Trojaner, Elena, Gesundheitskarte, Galileo, ... programmieren. Obwohl diese Leute schlau genug sind, ehrbare Software zu schreiben.

     

    Die grünen haben auch virtuellen Besitz noch nicht definiert.

     

    Das hätten sie alles 1999 zur Gründung des Neuen Marktes und unter AOL etablieren müssen.

     

    Die machen genau so motiviert Internet-Politik wie die Ausdrucker.

     

    Das Geheule im April wird groß sein wenn die Erotiksender per Analog-Abschaltung die Bildschirme fluten. Auch sowas hätten Internet-Parteien sinnvoller organisieren müssen. Italien hat viel mehr freie lokale TV-Sender als ganz Deutschland.

     

    Jeder Rentner mit Ipad den ich kenne ist technologisch weiter als alle Grüne die ich kenne.

    Wer Internet nur als zusätzlichen Nerv-Faktor als denn Ideen für sinnvolle Nutzungen hat, von dem ist auch nichts zu erwarten. Solche Leute machen auch nur Schulden und Subventionen.

    Die Solarfirmen werden teilweise vielleicht abgewickelt. Also erst Anschub-Finanzierungen, dann bald Kurzarbeitergeld und Arbeitslosigkeit. Echt Nachhaltig... .

     

    Das "schöne" ist, das auch die Piraten wohl bald establishmentisiert sind wie die Schill-Partei und die Grünen. Dann können die Thinktanks weiter regieren.

     

    Fehlte im Artikel nicht der Hinweis, das die Content-Industrie den Grünen Copyright-Ideen gegeben hat ? So genau hatte ich das aber auch nicht verfolgt.