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Kommentar ausgeglichener HaushaltDie Lüge von der Seriosität

Ulrich Schulte
Kommentar von Ulrich Schulte

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will ohne neue Schulden auskommen. Dafür muss der Mittelstand die Kosten seiner Politik aufbringen.

Voll happy: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Bild: dpa

E rinnert sich noch jemand, warum die CDU die Bundestagswahl so grandios gewonnen hat? Hauptgrund für Angela Merkels Fast-absolut-Sieg war ein Versprechen an die zufriedene deutsche Mittelschicht. Es wird alles bleiben, wie es ist, nein, noch besser werden, versprach Merkels CDU. Wir, die Partei der finanziellen Solidität, konsolidieren den Haushalt, und damit nicht genug, wir geben auch neue Milliarden für euch aus.

Der Etat, den Wolfgang Schäuble jetzt vorgelegt hat, beweist, wie verlogen dieses in sich widersprüchliche Versprechen war. Schäuble lässt sich von der Großen Koalition dafür feiern, dass er 2015 ohne neue Schulden auskommen will, als erster Finanzminister seit über vier Jahrzehnten. Doch was die Koalition als historischen Erfolg verkauft, ist in Wirklichkeit der fortgesetzte Bruch eines Wahlversprechens. Die Seriosität ist eine Lüge.

Die Mittelschicht zahlt sehr wohl für Schäubles ausgeglichene Null im Haushalt, ebenso zahlt sie für teure Rentenwohltaten der CDU. Und zwar nicht zu knapp. Schäuble bedient sich einfach bei den gefüllten Kassen der Sozialsysteme, wissend, dass dies langfristig zu höheren Sozialbeiträgen führt. Er wälzt die gigantischen Kosten für die Mütterrente auf die Rentenkasse ab, und er streicht die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern in der gesetzlichen Krankenkasse. Beides trifft ganz normale Angestellte besonders hart, gut verdienende Selbstständige sind längst in private Versicherungen geflüchtet.

Und die SPD? Sie will wieder Anwalt der kleinen Leute sein, sieht diesem Spielchen aber klaglos zu. Ihre Eintrittskarte in die Koalition war, auf Steuererhöhungen zu verzichten, weil die CDU die Interessen der Vermögenden schützen wollte. Die Sozialdemokraten werden sich gut überlegen müssen, ob sie diese Arbeitsgrundlage auf Dauer akzeptieren wollen.

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Ulrich Schulte
Leiter Parlamentsbüro
Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.
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10 Kommentare

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  • F
    Frost

    Wer sich um 'Die ganze Welt' kümmert, muss beim eigenen Volk sparen. Große Koalitionen waren von jeher Mist.Die sind Meister in Diätenerhöhungen aber Nieten in Sachen Volkvertretung.Stets das gleiche Spiel: Lug und Trug vor den Wahlen un dann kommt wieder nichts. Die müssten sich doch bis in den Boden schämen, dass sie sich so an die Parteispenden-Geber verkaufen."Alle in einen Sack und mit dem Knüppel drauf-,man trifft immer den Richtigen".

  • W
    Wesgeisteskind

    Warum lacht dieser Mensch?

  • S
    Sonfel

    wir brauchen keine neuen schulden. wir haben ja auch schon genug.

  • G
    gast

    Rentenwohltaten der CDU, wovon ist hier die Rede.

     

    Rentenwohltaten sind ja wohl nicht geschehen und wenn, wären sie nicht nötig geworden, hätte unsere Regierung den Rententopf der "Normalbürger" nicht leergeräumt und nicht mehr aufgefüllt.

     

    Rentner leben entweder weit unter dem Existenzminimum oder knapp darunter.

     

    Große Ausnahme und einen gesicherten Rententopf dagegen haben die Regierenden und all die vielen überflüssigen Beamten. Ein Beamter bekommt 72 % seines letzten Gehaltes.

     

    Dem Normalbürger wurde durch die Einführung des Euro die Rente halbiert und in darauffolgenden Jahren immer mehr gekürzt.

     

    Im Osten hat man fast die gleiche Rente wie im Westen Deutschlands, obwohl die in Zeiten der Mauer nichts in den Rententopf eingezahlt haben und alle Ostdeutschland stämmigen Politiker packen weit mehr Geld für die dortigen Rentner drau, obwohl dort alles wesentlich billiger ist als im Westen besonders in Baybern ist alles irre teuer.

    • @gast:

      Leute, das ist alter Unfug. Die Beamten haben eine Rentenformel - NRW mit 1,8375% Pension pro Dienstjahr. 30 Jahre Dienst - 55% Pension vor Steuern und Krankenversicherung. Bitte nachlesen - diese Falschheiten werden vom Wiederholen nicht besser. Früher waren es mal 75% vom letzten Gehalt - seit Jahren nicht mehr. Und dass die "überflüssig" seien, ist auch einfach dumm. Wer soll denn Polizei spielen, Hoenesse überführen usw? Und es gibt noch steuerhinterziehende Selbständige und reiche Rentner - ja, gibts auch. Das Spalten der arbeitenden Bevölkerung funktioniert super gut. Demnächst - der "böse" öff. Dienst streikt - da können Sie gleich weiter machen... Halali.

      PS Fieses altes Argument - Wenn der Osten billiger ist - gehnse doch nach drüben.

  • B
    Beitragsfreier

    "und er streicht die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern in der gesetzlichen Krankenkasse"

     

    Das war mir neu. Gibt es da noch weitere Quellen?

     

    Bedankt

  • B
    Bernd

    Wenn ich mich recht erinnere wurden die Bundesausgaben während der Schröder-Regierung leicht gesenkt um danach wieder anzusteigen. Die Regierung feiert sich dafür das sie von der Finanzkrise profitiert und die Wirtschaft gut läuft. Der Beitrag der CDU/CSU dazu ist eigentlich eher unklar.

  • A
    Alternative?

    Die Alternative wäre SPD-GRÜNE-SED alias PDS-SED alias PDS alias Linkespartei. SPD-GRÜNE legten 1998-2005 ein Rekordverschuldungsjahr nach dem anderen hin und die triste Trümmerwüste DDR habe ich noch gut in Erinnerung (http://einestages.spiegel.de/s/ab/29845/rostock-1989-schonungslose-fotos-der-altstadt.html). Dagegen ist Muttis Haushalt echt ein Traum. Gut ist trotzdem anders aber was nützt das bei den Alternativen?

    • G
      gast
      @Alternative?:

      kann man Politiker nicht anzeigen wegen verletzen der Menschenrechte und Menschenwürde was die Rentner im Westen betrifft, denen im Osten gehts ja viel besser, allein schon die Mieten wesentlich niedriger als im Westen.