Kommentar Zulassung von Riesenlastern: Giga-Lkw sind ein logistischer Fehler
Nur weil damit Sprit gespart wird, ist der Einsatz von Lang-Lkw kein ökologischer Vorteil. Sinnvollerweise sollte der Gütertransport auf die Schiene.
A uf den ersten Blick ist die Logik der Logistiker bestechend: Wenn drei Lkw durch zwei ersetzt werden können, um die gleiche Ladung zu transportieren, dann ist dies umweltfreundlicher. Weil weniger Diesel verbraucht wird, weniger Lärm entsteht und letztlich weniger Fahrzeuge hergestellt werden müssen. Auf den zweiten, langfristigen Blick aber geht diese Rechnung nicht auf. Und deshalb ist die Entscheidung von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), seit diesem Jahr Lang-Lkw im Regelbetrieb auf deutschen Straßen zuzulassen, schlicht und einfach falsch.
Der wesentliche Vorteil für Spediteure, Lang-Lkw einzusetzen, ist nämlich kein ökologischer, sondern ein ökonomischer, genauer: ein personalpolitischer. Zwei Lkw-Fahrer sind billiger als drei Lkw-Fahrer; und weil die Branche ohnehin Nachwuchssorgen hat, kommt ihr die Zulassung der sogenannten Gigaliner gelegen.
Und das ist die Krux: Durch das Senken der Personal- und weiterer Kosten der Spediteure wird der Lkw-Verkehr noch attraktiver, während die Güterbahnen das Nachsehen haben. Auch wenn es eine Illusion ist, sämtlichen Güterverkehr auf Schienen und Kanäle verlagern zu wollen – es ist verkehrt, die Laster auf Kosten der anderen Verkehrsträger weiter zu bevorzugen.
Zudem verursachen die Riesenlaster zusätzliche Infrastrukturkosten, die der Staat aufbringen muss: Parkplätze und Nothaltebuchten müssen künftig angepasst werden. Außerdem steht zu befürchten, dass langfristig das zulässige Gesamtgewicht für Lang-Lkw, das derzeit das gleiche ist wie für normale Laster, angehoben wird – um den Vorteil der Riesenlaster ganz auszuspielen, wie es bereits in Schweden der Fall ist. Dann werden Straßen und Brücken, denen vor allem der Lkw-Verkehr zusetzt, noch brüchiger. Schon jetzt gibt es einen hohen Sanierungsstau in Deutschland; schwerere Fahrzeuge verschärfen das Problem.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies
Klimakiller Landwirtschaft
Immer weniger Schweine und Rinder in Deutschland