piwik no script img

Kommentar Zivilklage KundusEin wichtiger Präzedenzfall

Die Zivilklage wegen des Bombardements nahe Kundus vor zwei Jahren ist kompliziert. Ein Sieg vor Gericht aber hätte eine wichtige, politische Bedeutung.

D ie Bundeswehr handelt im Ausland nicht in rechtsfreiem Raum. Wenn - wie bei dem Tanklaster-Bombardement von Kundus - Dutzende von Zivilisten getötet werden, dann kann das strafrechtliche und zivilrechtliche Folgen haben.

Angehörige der Opfer von Kundus fordern jetzt Schadenersatz von der Bundesrepublik. Das ist nicht aussichtslos. Auch wegen Vorfällen in bewaffneten Konflikten können Amtshaftungsansprüche in Deutschland geltend gemacht werden. Das haben deutsche Gerichte bereits grundsätzlich anerkannt. Es geht hier nicht um Völkerrecht, bei dem nur Staaten handeln können, sondern um deutsches Zivilrecht. Und die sogenannte Staatenimmunität schützt Deutschland nur vor Klagen im Ausland, nicht vor solchen vor heimischen Gerichten.

Ein Selbstläufer sind die Klagen nicht, denn es kommt auf viele komplizierte Details an. So ist zwar klar, dass Oberst Klein eine unmittelbare Bedrohung deutscher Truppen vorgetäuscht hat, um die Nato-Bomber ohne Rücksprache anfordern zu können. Den Klägern nützt dies aber nur, wenn deutsche Gerichte annehmen, dass die Nato-internen Regeln auch dem Schutz von Zivilisten dienten.

Bild: taz
CHRISTIAN RATH

ist rechtspolitischer Korrespondent der taz und lebt in Freiburg.

Ein Sieg vor Gericht würde einen wichtigen Präzedenzfall schaffen. Kriege verhindern lassen sich damit aber kaum. Nach Angaben der Anwälte hat die Bundesregierung in vergleichbaren Fällen freiwillig 14.000 bis 25.000 Euro bezahlt. So viel verlangen sie nun auch. Selbst bei hundert Geschädigten kommen da nur rund 2 Millionen Euro zusammen - keine Summe, die politisch ins Gewicht fällt. Was zählt, wäre das Signal an die Soldaten: Auch im Krieg darf mit dem Leben von Unbeteiligten nicht leichtfertig umgegangen werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • A
    antiantiantianti

    Hat eigentlich einer der sich für diese Klage stark macht, eigentlich auch für den ermordeten Fahrer stark gemacht?

     

    Nein?

     

    Wird komischerweise immer wieder vergessen, dass einer der beiden Fahrern der Tanklastzüge von den Taliban erschossen wurde.

     

    Seltsam dass die Familie dieses Toten keinen hat der sie vertritt. Seltsam dass ausgerechnet der andere Fahrer die Klage initiiert hat.

  • M
    Marcel

    Die Toten sind doch selbst schuld! Wenn ich eine Bank überfalle muss ich auch damit rechnen dabei umzukommen.

     

    Außerdem hab ich mit denen eh kein Mitleid, wollten Benzin klauen, schon allein aus Umweltgründen kann ich als Grüner dafür nur Verachtung übrig haben!

  • K
    Karl

    Es sollten Konsequenzen gezogen werden, jedoch nicht die Entschädigungen sondern der Rückzug der Bundeswehr dessen Einsatz im Ausland vom Grundgesetz aus guten Grund verboten ist. Es war die Rot/Grüne Regierung welche diesen verfassungswidrigen Einsatz angeordnet hat. Inzwischen wird auch von offizieller Seite nicht mehr beschritten die Bundeswehr im Kriegseinsatz befindet aber keine Regierung hat daraus die Konsequenzen gezogen.

     

    Im Kriegseinsatz war der Angriff legitim und wenn es die Taliban/Afghanen geschafft hätten die Tanker als Bomben einzusetzen wäre das Geschrei wahrscheinlich noch größer gewesen warum nichts unternommen worden sei.

  • E
    end.the.occupation

    Zum hundertsten mal:

     

    Es wurden keine Tanker bombardiert. Das war - und ist anscheinend für Rath immer noch - ganz allein die offizielle Sprachregelung für ein Massaker an einer Menschenmenge, die ganz überwiegend aus Zivilisten aus dem nahegelegenen paschtunischen Dorf bestand. (Bzgl. der Paschtunen unter deutscher Herrschaft - siehe Mark Thörner.)

     

    Selbst der Täter hat eingestanden, dass die Menschenmenge das Ziel war, die dazu - nach meinem Wissen - mit Weichzielbomben angegriffen wurde.

     

    Dies war ein für koloniale Befriedungskriege ganz gewöhnliches terroristisches Verbrechen im Stil des 19. Jahrhunderts, um die widerständige Bevölkerung für die Unterstützung des Widerstands zu bestrafen.

    (Obwohl vielleicht auch noch andere Dinge dahinter stecken.)

     

    Das originäre Verbrechen besteht darin, dass wir in diesen Krieg verwickelt wurden - hinter dem 90% der im Bundestag vertretenen Abgeordneten stehen so wie auch die gesamte blutrünstige Journaille - siehe jetzt wieder in Libyen.