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Kommentar WirtschaftskriseElite bringt Deutschland um

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Elite-Bonds taugen nicht als Ausweg aus der Euro-Krise. Die AAA-Staaten würden sich hinter der Brandmauer verschanzen, der Rest der Eurozone ginge in Flammen auf.

W ie wird man bloß die lästigen Südeuropäer wieder los? Diese Frage bewegt nicht wenige Deutsche. Die Logik dahinter ist schlicht: Die Pleite der Eurozone wäre doch verhindert, wenn man die Pleitiers einfach vor die Tür setzt. Neuerdings hat diese verführerische Idee auch einen Namen. Sie heißt "Elite-Bonds" und wurde von der Springer-Presse unters Volk gebracht.

Diese Elite-Bonds wären gemeinsame Staatsanleihen, die jene Euroländer herausbringen, die von den Ratingagenturen bisher die Bestnote AAA erhalten. Das wären Deutschland, die Niederlande, Finnland, Österreich, Frankreich und Luxemburg. Alle anderen Euroländer wären ausgeschlossen.

Die AAA-Staaten würden sich also hinter einer Brandmauer verschanzen, während der Rest der Eurozone in Flammen steht.

Schon der Titel "Elite-Bonds" ist verräterisch, denn diese Selbstüberhöhung zur "Elite" macht überdeutlich, was seine Erfinder treibt: nationalistische Egomanie.

Bild: taz
ULRIKE HERRMANN

ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.

Sie scheinen zu glauben, dass Deutschland seinen Reichtum allein sich selbst verdankt. Sie stellen sich die Bundesrepublik wie eine Insel vor, die autark ihren Acker bestellt. Das ist absurd.

Den Fans der Elite-Bonds scheint zu entgehen, wie desaströs die Konsequenzen wären. Der Euro wäre sofort tot - und würde in viele Einzelwährungen zerfallen. Denn die Elite-Bonds würden signalisieren, dass Italien, Spanien oder Belgien fallen gelassen werden. Diese Staaten wären dann umgehend bankrott, weil alle Investoren die Flucht ergreifen würden.

Die Bundesrepublik bliebe nicht verschont von dieser Kettenreaktion. So müssten die deutschen Banken ihre Kredite in der restlichen Eurozone weitgehend abschreiben - und wären ebenfalls insolvent. Der deutsche Export würde einbrechen und die Arbeitslosigkeit steigen.

Für einige Bundesbürger mag es verlockend sein, sich mit "Elite-Bonds" als etwas Besseres zu fühlen - nur leider wäre Deutschland dann pleite. Tolle Elite.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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16 Kommentare

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  • O
    Oli

    AAA - ja gut, aber irgendwann kommen die Schulden und die Frage, wer zahlt. Dass sich die Deutschen dabei toll fühlen sollen, ist eine Ablenkung von den wirklichen Euro-Problemen. Elite klingt ganz nach deutscher Art schön überheblich - eben das Gegenteil von Gyros- und Paela-Schulden. An den Gegebenheiten wird das aber nichts ändern.

  • G
    guntherkummmerlande

    Das einzige, was wirklich vernünftig wäre

    ist folgendes:

     

    Das überschuldete Mittelamerika, Nordamerika,

    Europa und Teile Südamerikas erklären zeitgleich

    einen Selbstschuldenerlaß.

     

    Die Schuldner gehen nun leer aus und bleiben

    auf Ihren Forderungen sitzen!!!!

     

    Die militärische Zusammenarbeit gegen Angreifer

    der Gläubigerländer wird vereinbart.

     

    Griechen, die Deutschland arbeiten und

    militärische Interventionen in Deutschland fordern,

    werden umgehend des Landes verwiesen.

    Kein Verständnis für Kriegstreiber.

     

    Der Weltschuldenstand wird auf Null gestellt,

    bzw. die Gläubigerwährungen werten sich automatisch auf.

    Hedgefonds und Schuldscheinweiterveräußerung

    oder Schulscheinneuverpackung,Leerverkäufe

    werden verboten!!!

    Der Schuldenstand jedes Landes wird auf Null gestellt.

    Dem Spuk wird damit per Politik ein Ende gemacht!!!!

  • W
    WaltaKa

    Jetzt muss ich mich doch direkt bei Frau Herrmann und der taz entschuldigen. Bisher nannte ich Frau Herrmann ob ihrer Artikelinhalte "Propagandistin des Neoliberalismus". Aber offensichtlich habe ich da etwas falsch verstanden und nicht erkannt, dass die taz auf dem Schleichwege eine neue humorvolle Rubrik mit Frau Herrmann zu installieren versucht: "G'schichten aus der Hollywoodschaukel". Das muss so sein; mit dem Versuch, hier ernsthaft die aktuellen Vorgänge aus der Sicht einer Wirtschaftsjournalistin zu kommentieren, hat das Ganze nämlich nichts zu tun. Sie schreibt z.B.: "Die AAA-Staaten würden sich also hinter einer Brandmauer verschanzen, während der Rest der Eurozone in Flammen steht". Wie sogar die Frau Herrmann aus der Tagesschau, aus'm Radio oder aus anderen Zeitungen weiß, ist es eben gerade kein verschanzen, sondern das Gegenteil: der Versuch, alle unter einem Hut zu retten. Also muss dieser Artikel Humor sein, leider nicht so gekennzeichnet. Aber, ich muss zugeben, taz, echt raffiniert und ganz großer Humor. Das Lesen würde aber durch eine entsprechende Kennzeichnung erleichtert, sonst sucht "Mann" vergebens die Ernsthaftigkeit, wo doch Humor gewollt ist. Aber, weiter so!

  • B
    Brain

    Der britische Wirtschaftshistoriker Niall Ferguson schrieb kürzlich zur Bürde der Deutschen als Zahlmeister des EURO: "Wenn man sich die europäische Integration als ein einvernehmliches System von Kriegsreparationen vorstellt, so entsprechen die Leistungen Deutschlands etwa denen, die ihm nach dem Ersten Weltkrieg mit dem Versailler Vertrag aufgebürdet wurden". Die Zeitung mit den 3 kleinen Buchstaben sagt: weiter so.

  • M
    Mario

    Ich glaube gar nicht, dass die meisten Themen in dieser Debatte überhaupt realistisch sind oder wären. Tatsächlich führt kaum ein Weg an einer Entschuldung der verschulden EURO-Süd-Länder vorbei. Nur wer bezahlen soll und in welcher Höhe ist strittig, denn in Deutschland spart der Staat ja nur bei Arbeitslosen, Armen und Migranten, weitere Spareingriffe würden eben direkt bei der Mittelklasse einschlagen, vielleicht ein wenig im Vorgarten der Reichen, was die aber nicht wirklich schädigen würde.

     

    Was hier wirklich zu Debatte stehen sollte, ist der irre Entwicklungsweg, den sich Deutschland ausgesucht hat, der ja auch viellfach von anderen EU-Staaten belacht wurde: Durch internes Sparen, Exportüberschüsse und Lohnzürckhaltung Wettbewerbsvorteile sich erarbeiten = andere Länder ökonomisch runterbringen und Deutschland unterordnen.

     

    Und diese Strategie schlägt jetzt fehl, ob mit dem Elite-Bond oder mit dem EURO-Bond oder mit dem Geld der Steuerzahler. Hier kommt eine dicke Rechnung und die wird bezahlt - so oder so.

     

    Dass Deutschland um Milliardenverluste herum kommt, darf wirklich niemand mehr glauben. Wer sollte denn sonst in die Bresche springen? Die USA? China oder Rußland? Indien?

     

    Nichts wird in diese Richtung passieren, nur die EU-Staaten können etwas tun und das bedeutet, der Stärkste schultert eben mehr als Luxemburg oder Dänemark und das heißt: Deutschland. Ob Angela Merkel das überleben kann, darf bezweifelt werden.

     

    Dass entschuldet werden muss, kann man in Athen sehen: Wirtschaftlich steht dort alles auf Negativwachstum und bislang fehlt der Anreiz aus dieser Situation wieder ein Wachstumsmaschine zu machen, denn fakturiert wird in Euro und das ist im Zweifel immer teurer als tunesisches, türkisches oder marokkanisches Geld.

     

    Außerdem wird es innenpolitisch schwierig sein, wieder Griechen hinter Nähmaschinen zu Minilöhnen zu setzen, die Hotel- und Gaststättenpreise auf Ost-Türkei-Niveau zu senken und massenhaft Touristen zu holen. Insofern muss die dickeste Last weg und das sind die Schulden und Entschuldung heißt nicht, dass Griechenland überhaupt bezahlt, sondern dass die reichen EU-Ländern ihren Bürgern diese Kosten reindrücken, vielleicht mit einer einmaligen EU-Steuer, höherer Mehrwertsteuer oder höherer Einkommensesteuerung, was dann das Ende der Steuerentlastungspolitik der höheren Mittelklasse und Oberschicht wäre, denn Unten kann der Staat gar nicht so viel bekommen, wie er bräuchte. Und wenn die Reichen und Mitteklasse Leute ihre Kohle in Bonds stecken, wollen sie auch Rendite und das bedeutet, der EU-Süden kehrt zum Wachstum zurück und kann zahlen. Und das funktioniert nicht mit Sparprogrammen und Schulden, vielleicht auch nicht dem Euro.

  • FH
    Für Hauke

    Wenn du "Menschheit" schreibts, meinst du eigentlich die dekadente Erste Welt, die eine Minderheit ist.

  • C
    Castaneda

    Eigentlich ist das doch ideal. Dann kann man endlich Panzer, Fregatten und U-Boote nach Deutschland schicken und die über 1500 Milliarden Reparationen eintreiben.

    Ob der Rest der Elite dafür Grade stehen will?

    Wahrscheinlich wurden zwecks Wirtschaftswunder mit Holland und Frankreich auch noch nicht alle Schulden beglichen...

  • D
    die.tipse

    ja, was habe ich von meinem reich gedeckten tisch, wenn alle um mich herum verhungern? kann ich alleine glücklich sein, wenn meine nachbarn vor unglück dahinsiechen? bin ich allein überlebensfähig? und will ich das überhaupt?

     

    diese fragen sollte man sich - nicht nur als deutscher bürger - eh irgendwann einmal stellen...

     

    herzlichst

     

    die.tipse

  • A
    anke

    Nutzen Sie die Wikipedia, Frau Herrmann? Ich schon. Elite, heißt es da, kommt vom lateinischen Wort für "auslesen" und bezeichnet "eine Gruppierung [...] überdurchschnittlich qualifizierter Personen [...] oder die herrschenden bzw. einflussreichen Kreise [...] einer Gesellschaft.“ Der Elite gegenüber steht die Masse oder der Durchschnitt.

     

    Recht hat sie, die gute Wiki. Sie haben einander handverlesen, die Eliten. Nicht nur in Deutschland. Die besondere "Qualifikation", an der sie einander erkennen, besteht im Fehlen absolut jeder Moral. Im Unterschied zum "Durchschnitt", der sich unter anderem auch von sozialen Normen und Regeln leiten lässt, orientieren sich Eliten ausschließlich am Gefühl: ich will, ich mag, ich hasse und so weiter.

     

    Wenn Sie mich fragen, Frau Herrmann, waren die Eliten immer schon pleite. Im alten Rom genau so wie im Mittelalter, zu Luthers Zeiten nicht anders als heute. Sie leben permanent über ihre Verhältnisse, die Eliten, und das ist ihnen nur deswegen möglich, weil es eine Masse gibt, die nicht nur sich selbst versorgt, sondern ganz nebenbei auch noch all die elitären Schmarotzer. Zum Dank dafür wird die Masse von den Eliten zutiefst verachtet. Und nach mehreren tausend Jahren Propaganda ist die Masse blöd genug, sich zu schämen dafür, dass sie noch eigenhändig arbeitet statt auf Pump zu leben.

     

    Sie hat sie sehr vermehrt in den letzten 70 Jahren, die Elite. Wenn sie so weiter expandiert, wird sie die Erde demnächst kahl gefressen haben. Und wenn schließlich niemand mehr Masse sein will, wird endlich auffallen, wie pleite sie wirklich sind, unsere Eliten. Die Legenden von der Euro-"Krise" werden sich dann anhören wie die alten Geschichten vom Schlaraffenland.

  • S
    suswe

    Irgendwie kommt mir das Ding mit der Elite und sein Scheitern bekannt vor...

  • M
    Micha

    Das Thema ist schon längst entschieden. Es wird zum Bruch des Euro kommen, da die Südländer nicht mehr in der Eurozone zu halten sind. Das Vertrauen der Märkte ist verloren, es gibt keine Bereitschaft in den nächsten beiden Jahren die Staatsanleihen der Problemländer zu kaufen.

     

    Es geht nicht mehr darum die Katastrophe zu vermeiden, sondern nur noch darum, die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten. Deswegen wird Deutschland helfen, die Banken Österreichs und der Niederlande stabil zu halten, aber nicht die Spanien und Italiens.

  • SH
    Siegfried Heim

    Die "Braundmauer" der "AAA-Bonds" würde es gar nicht geben - dann allein ihre Ankündigung lässt den Euroraum explodieren (nebenbei: Österrich steht auch schon im Feuer der Finanzmarkt-Kanonen und muss ein schlechteres "Rating" befürchten - warum auch immer...)

    Die Diskussion über Eurobonds kommt mindestens 12 Monate zu spät! Aktuell kann einzig und allein das Rezept der Engländer und US-Amerikaner helfen: die Zentralbanken kaufen unbegrenzt Staatspapiere als "lender of the last resort". Das beruhigt die Spekulanten und verschafft der Zivilgesellschaft Luft darüber nachzudenken, was die Funktion des Kredits im Kapitalismus (Kapital-Vorfinanzierung künftiger Warenpreis-Gewinne = Renditeerwartung) ist und wie eine sozial und ökologisch orienteirte Nicht-Wachstums-Ökonomie aussehen könnte. Zugegeben: das ist weder Bild-kompatibel noch eignet es sich für billiges Grünen-Bashing.

  • FB
    FW Berlin

    Bei den Elite-Bonds geht es nicht um die (ohnehin gewährleistete) Kreditversorgung der Triple-A-Staaten, sondern um die der Anderen durch Emissionen der Triple-A:

     

    http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/elitebonds-statt-eurobonds-merkel-arbeitet-offenbar-an-plan-b-11544015.html

     

    Sonst könnte man sich den Aufwand der Begebung multinationaler Bonds ja eigentlich sparen!

  • E
    EnzoAduro

    "Elite bringt Deutschland/EU etc. um"

    Quark, kommt doch darauf an was man mit den Elite-Papieren macht.

  • L
    lilo

    Wenn man das ein bisschen begründen würde wäre es ein toller Artikel. Aber so nicht. Da hab ich ja sogar mehr Hintergrund wissen.

     

    Ein Schüler(15)

  • H
    Hauke

    Manchmal kommt mir der Gedanke das ein Zusammenbruch des Finanzsystems eine wünschenswerte Folge der Geschichte wäre. Doch leider denkt der Mensch selten darüber nach was er falsch gemacht hat und ändert sein Verhalten nicht, er neigt eher dazu alle anderen zu beschuldigen und die Konsequenz aus einem egoistischen Amoklauf ist in der Regel dann ein Krieg... vielleicht ist dann ja für die Menschheit auch wieder Steinzeit. Und so schwarz es ist, sollte die Menschheit es schaffen sich in dem nächsten Flächendeckenden Krieg ganz abzuschaffen, dann kann man nur hoffen, das wenigstens ein paar friedliche Tiere übrig bleiben die dem Leben auf diesem Planeten wieder einen Sinn geben. Alternativ dazu gar kein Leben. Friedlicher als jetzt wäre es allemal, denn selbst ein Stein scheint mehr soziale Inteligenz zu besitzen als die menschlichen Massen im Kollektiv. (mir gehen immer mehr die Blumen und Farben aus)