Kommentar Wirtschaftsförderung und Clubkultur: Der krachende Jobmotor
Der Partytourismus wird als Wirtschaftszweig in Berlin immer wichtiger - deshalb sollte der Senat nicht nur die Industrie fördern, sondern auch die Clubkultur.
Die Zahlen sind amtlich: In der ersten Häfte dieses Jahres sind nochmals 12 Prozent mehr Touristen nach Berlin gekommen als im Vorjahr. Die Branche ist der Jobmotor für Berlin. Und doch ist die Stadt dabei, teils fahrlässig, teils mutwillig, dem Boom eine seiner Grundlagen zu entziehen: die Clubkultur.
Ja, es gibt sie, die Touristen, die nur wegen der Museen kommen, wegen der Theater oder wegen den schick renovierten Altbauten Unter den Linden oder in Prenzlauer Berg. Ein Großteil aber kommt zum Feiern. Sie lieben das schmuddelige, trubelige, undergroundige Berlin, dass es kracht. Und weil das so ist, klagen geplagte Anwohner über den Lärm. Die Lösung heißt Schallschutz. Anders gesagt: immense Kosten. Das SO 36 in Kreuzberg hat das Geld nun gerade noch zusammengebettelt. Auch weil in der Stadtentwicklungsverwaltung ein Fördertopf gefunden wurde, der irgendwie passend gemacht wurde. Für diesen einen Fall. Das ist lobenswert. Aber die Masse der Clubs schaut weiter in die Röhre.
Wo ist eigentlich der Wirtschaftssenator, der seine Förderschatulle öffnet, wenn mittelständische Unternehmen in ihrer Existenz bedroht sind? Wo ist die Arbeitssenatorin, die um die Arbeitsplätze kämpft? Und wo vor allem ist der Kultursenator - Hallo, Herr Wowereit, war das nicht Ihr Job? -, der einer bedrohten Kultureinrichtung zur Seite springt, wenn sie durch Banausen im Betrieb gestört wird? Callcenter, Pharmakonzerne und Opern werden mit Millionen Euro gepudert, damit sie kommen oder bleiben. Für die wildgewachsenen Jobs in den Clubs hat der Senat nur ein paar rostige Cent.
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