piwik no script img

Kommentar WiderstandAusziehen ist besser als Zündeln

Kommentar von Claudius Prösser

Die von den Zündlern des "Hekla-Empfangskomitees" inszenierte Widerstandsform ist gestrig, undemokratisch und kontraproduktiv.

W iderstand kann man in Flaschen füllen. Flaschen mit brennbarer Füllung, die mit einem Zeitzünder versehen und an Bahnstrecken deponiert werden. Widerstand kann aber auch Gesichter haben. Gesichter, die angesichts der Themen, um die es geht, ziemlich gut gelaunt aussehen. So wie am Samstag vor dem Reichstag.

Beiden Widerstandsformen, die in Berlin zurzeit Anwendung finden, darf man ähnliche Ziele unterstellen: Die Wut der Akteure richtet sich, um es auf einen einfachen Nenner zu bringen, gegen die kapitalistische Wirtschaftsordnung und ihre Auswüchse - seien es Kriege in armen, aber rohstoffreichen Ländern, seien es astronomische Gewinne von Wenigen an den Börsen und die Pespektivlosigkeit der Vielen.

Der Unterschied: Die von den Zündlern des "Hekla-Empfangskomitees" inszenierte Widerstandsform ist gestrig, undemokratisch und kontraproduktiv. Gestrig, weil langsam klar sein dürfte, dass Brandanschläge eine Gesellschaft nicht weiterbringen. Undemokratisch, weil die anonymen Urheber sich herausnehmen, uns mit ihrer vermeintlichen Entschleunigungstaktik zwangsbeglücken zu müssen. Und kontraproduktiv nicht zuletzt, weil der CDU in den laufenden Koalitionsgesprächen nichts gelegener kommt als der Popanz des Linksterrorismus.

Die Tausenden, die sich von der Bewegung haben anstecken lassen, brauchen keine hohle Partisanenmystik, sie halten ihr Gesicht hin und, wie man sieht, auch mehr als das. Vielleicht bringt ihr bunter Protest so schnell keinen um den Schlaf. Aber das kann täuschen. Siehe New York, Madrid und anderswo.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • H
    HIP-py

    Ausziehen ist nicht ! besser als Zündeln.Es geht hier auch nicht darum, was schlechter oder besser ist, Widerstand muss sich entwickeln und Menschen müsssen einfach Dinge ausprobieren.Occupy Wallstreet ist nicht der'Zündstoff'gewesen', die meisten Leute( auch Journalisten, die jetzt! über Widerstand schreiben ) fühlen sich hier auf Grund ihrer westlichen Sozialisation angesprochen,sich nach Occupy Wallstreet zu orientieren, weil es Ähnlichkeiten zu hier gibt.Jetzt darf jeder mal einen Kommentar abgeben !Woher wollen sie, Herr Prösser denn wissen was gestrig ist,oder: warum muss alles immer Hip sein ?Und wer oder was bestimmt den Hip,New Nork City ? Bleiben wir aber doch mal nicht bei uns, sondern gehen zum Ursprung des Widerstandes( des letzten Jahres ): Das ist Nordafrika ! Wie hohl klingt diese Überschrift in diesem Kontext.Warum geht es immer nur um Meinungen, was man darf oder was man nicht darf ? Ohne die Französische Revolution würden wir hier alle noch als Kammerzofen fungieren.Aber zurück zum Kern:Dieser ist nämlich nicht als Zündstoff sondern als Diskussionstoff zu sehen, damit sich eine breite Mittelschichtsgesellschaft hier doch mal so richtig aufregen kann.Statt aufregen: Selber Widerständisch werden, nicht reden oder schreiben, sondern machen !Ich würde mich freuen , wenn man meinen Text abdrucken könnte, das wäre dann nämlich in der Tat demokratisch.

  • EA
    Enzo Aduro

    Gegen die Zerstörung von Wohlstand zu demonstrieren in dem man Wohlstand zerstört ist so wiedersinnig wie F**** für mehr Jungfräulichkeit.

     

    Diese Schergen haben nicht irgendwem den Kampf erklärt, sondern uns allen. Jedem einzelnen der 80 Millionen Einwohnern Deutschlands!

     

    Zuende Gedacht leiden alle die kein SUV in ihrer gut gesicherten Tiefgarage haben! Die düstere Zukunft die Sie wahrscheinlich verhindern wollen, erzeugen Sie! Eine vernetze Welt ist sehr anfällig für eine solche Form von Halunkentum. Und diese vernetze Welt ist nicht irgendwer, es sind wir alle! Wir stehen dann Stundenland in Bahnhöfen und kommen nicht heim. Wir zahlen mehr Steuern für die Überstunden der Polizei. Wir zahlen mehr für die Bahntickets wegen ausgeweiteter Sicherheitstechnik! Es ist zu unser aller Schaden.

     

    Es kann schlicht weg keinen ÖPNV geben wenn sich so etwas ausbreitet!