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Kommentar Weltwirtschaftsforum DavosDie Welt war nicht vertreten

Hannes Koch
Kommentar von Hannes Koch

Niemand hat in Davos für arme Menschen weltweit gesprochen. Selbst Vertreter der Zivilgesellschaft konnten den Mangel nicht wettmachen.

Wer sprach für ihn? Arbeiter in Indien. Bild: ap

D as Weltwirtschaftsforum in Davos wird nicht unwichtiger, wie es seine Kritiker gern behaupten. In diesem Jahr waren mehr Staats- und Regierungschefs da als 2014 – es waren mehr als 40. Erstaunlich für eine private Veranstaltung, die nur einen Diskussionsrahmen bieten will, um „die Welt besser zu machen“. Organisator Klaus Schwab war so von seinem Erfolg überzeugt, dass er den Kongress einen „wirklichen Spiegel der Weltgesellschaft“ nannte. Da ließ er sich jedoch von seiner eigenen Begeisterung fortreißen, denn so stimmt das Bild wirklich nicht.

Amerikaner und Engländer haben traditionell ein starkes Übergewicht in Davos, wobei die Chinesen aufholen. Frauen werden speziell eingeladen, damit überhaupt welche da sind. Fast gar keine Stimme beim Weltwirtschaftsforum haben die Milliarden Menschen, die arm sind oder gerade so leidlich über die Runden kommen. Die Mehrheit der Weltgesellschaft ist in Davos also nicht vertreten.

Diesen Mangel können die wenigen Organisationen der Zivilgesellschaft, die das Forum kooptiert, nicht wettmachen. Zwar hat sich die Veranstaltung geöffnet. Kritiker der herrschenden Politik werden immerhin eingeladen – allen voran in diesem Jahr die aus Uganda stammende Oxfam-Geschäftsführerin Winnie Byanyima. Die Anliegen, die solche Leute vertreten, werden beim WEF allerdings nicht hegemonial. Sie sind Zierde, Beiwerk, allenfalls ein interessanter Gedanke oder moralischer Appell. Denn die Hauptrichtung der Diskussionen bestimmen die Unternehmer, Banker, Konzernchefs, Investoren und Ökonomen, für die das Forum ursprünglich gemacht wurde.

In Davos gibt es für jedes Problem der Welt eine Lösung, mit der man Geld verdienen kann. Andere Regelungsmechanismen als der Markt werden häufig nicht ernst genommen.

Mittlerweile will das Forum den Schritt tun vom Reden zum Handeln. Man bietet sich der Politik als Helfer an, beispielsweise beim Klimaschutz oder der Renovierung der globalen Internet-Infrastruktur. Wegen der Schlagseite zur Wirtschaft könnte das jedoch auf eine gefährliche Privatisierung von Politik hinauslaufen. Diskutieren und beraten – bitte schön. Entscheiden und umsetzen sollten dann aber die demokratisch gewählten Regierungen, von denen man verlangen kann, dass sie sich von Wirtschaftsinteressen abgrenzen.

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Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.
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3 Kommentare

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  • Wie viele Mitwirkende die Staatliche Plankommission der DDR gehabt hat, hab ich auf die Schnelle nicht herausgefunden. Fakt ist, dass ihre Mitglieder sich angemaßt haben, die Volkswirtschaft eines 17 Millionen-Volkes zu lenken.

     

    In Davos treffen sich 40 Leute, die sich als Lenker der Weltwirtschaft verstehen. Die Weltbevölkerung aber sind zuletzt geschätzte 7,3 Milliarden Menschen gewesen.

     

    Ich denke, diese 40 Staats- und Regierungschefs haben jeden Sinn für Relationen verloren. Der Umstand, dass sie sich einbilden dürfen, sie würden über ein Vielfaches dessen verfügen, was die DDR an finanziellen Mittel hatte, lässt sie offensichtlich glauben, dass das Prinzip, das in der DDR gescheitert ist, im globalen Maßstab funktionieren muss, wenn sie das Sagen haben. Sie irren sich. Wer sagt es ihnen?

    • @mowgli:

      nicht die 40 Staatschef waren die wichtigen Leute, sondern dei anderen paar hundert, ( im Ganzen waren es c 2.500 Teilnehmer)der Wert eines Staatsmannes/frau wird viel zu hoch eingeschätzt, so sagte mal , um dei 1920 ein Finanzmann zu einem US Präsidenten: Sie sind nun der dritte , der unter mir dient! er hats nur ein bischen höflicher formuliert, gemeint hat er es aber so!

  • naja, also, nix für kleine Leute, da trifft sich alles, was meint wichtig zu sein, verfolgt man die Berichte so sind vermehrt auch Gewerkschaftler und andere Organisationen dabei, so dass man den Eindruck gewinnt, der Kreis schliesst sich ! dh, die Aufteilung des Kuchens wird jetzt vollkommener, sag ich mal !