Kommentar Waldbrände in Deutschland: Der Klimawandel wird riechbar
Die Waldbrände in Deutschland zeigen, dass die Weltklimarat-Forscher recht hatten. Wer das noch nicht versteht, dem ist politisch nicht zu helfen.
D en Menschen in Berlin zieht der Rauch der Waldbrände in der Lübtheener Heide in die Nase, und um mal einen Berliner Klassiker zu zitieren: Das ist auch gut so. Die Botschaft aus dem Wald kommt da an, wo sie hingehört – in der Bundespolitik.
Natürlich muss zuerst der Brand gelöscht werden, muss die akute Gefahr für die BewohnerInnen der umliegenden Dörfer gebannt werden. Auf lange Sicht entscheidend ist jedoch, was danach kommt. Nur die Katastrophe politisch aufzuarbeiten oder Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen wegen der noch immer im Boden liegenden Munition zu kritisieren, wird der Dimension des Brandes nicht gerecht werden.
Denn es ist kein einzigartiges, verheerendes Ereignis, sondern Ausdruck der Entwicklungen in der Natur – beziehungsweise dem, was Menschen von ihr übrig ließen. Der Klimawandel beschert Deutschland nun das zweite Jahr in Folge einen Dürresommer. Und der hat katastrophale Auswirkungen, weil die Ökosysteme in Deutschland durch jahrzehntelange Missachtung der natürlichen Gesetzmäßigkeiten beschädigt sind. Nun verdursten und verhungern Bäume, da sie in der extremen Trockenheit keine Photosynthese durchführen können.
Wälder sterben, Seen überhitzen, Flüsse trocknen aus. Der Klimawandel und die kollabierenden Ökosysteme beeinflussen bereits Unternehmen und die deutsche Wirtschaft. Der Weltbiodiversitätsrat hat aufgrund solcher Szenarien die Weltgemeinschaft aufgefordert, die Wirtschafts- und Lebensweise zu verändern – um das eigene Überleben zu sichern.
Die ewigen Kiefernforste, die in Brandenburg und in der Lübtheener Heide brennen, sind keine natürlichen Wälder, sondern von Menschen in Reih und Glied gepflanzte Monokulturen. Aber auch sie bilden ein Ökosystem, wenn auch ein sehr schwaches. Deswegen brennen die Kiefernforste in der extremen Trockenheit als Erste, ob sie nun in Brand gesteckt wurden oder sich selbst entzündet haben.
Die Brände verdeutlichen auf erschreckende Weise, dass all die Wissenschaftler im Weltklimarat und dem Weltbiodiversitätsrat recht hatten. Die Überhitzung der Erde hat das Schaubild verlassen und frisst sich mit mannshohen Flammen durch die Lübtheener Heide. Wer die Rauchzeichen in Berlin nicht versteht, dem ist politisch nicht mehr zu helfen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau