Kommentar Wahlen in Serbien: Ein Mann, ein Volk und die EU

Die Serbische Fortschrittspartei gewinnt die Mehrheit der Sitze im Parlament. Jetzt muss die EU sehen, dass die Zivilgesellschaft nicht der Strecke bleibt.

Muss keine Opposition fürchten: Wahlsieger Aleksandar Vucic. Bild: AP

Die Serbische Fortschrittspartei (SNS) gewann bei den vorgezogenen Parlamentswahlen am Sonntag die absolute Mehrheit. Und das, obwohl sie seit eineinhalb Jahren an der Macht ist und in dieser Zeit die Arbeitslosigkeit von rund 25 auf fast 30 Prozent stieg, der Lebensstandard sank und sich das hoch verschuldete Land noch mehr verschuldete.

SNS-Chef Aleksandar Vucic konnte die Bürger überzeugen, dass für ihre soziale Misere einzig und allein die bis 2012 regierende Demokratische Partei schuldig sei, die mit „Kriminellen und Tycoons zusammenarbeitet“. Die systematische Hetzkampagne der ihm freundlich gesinnten Massenmedien besorgte den Rest.

Mit ihren populistischen Methoden, der brutalen Abrechnung mit politischen Gegnern und unterstützt von Sicherheitsdiensten benimmt sich die SNS immer noch wie eine machtgierige Volksbewegung und nicht wie eine Partei der Mitte. Die SNS wird praktisch ohne Opposition und ohne kritische Medien regieren. Dabei dürfte die staatliche Repression proportional zum Grad des zu erwartenden sozialen Unmuts wachsen, der sich früher oder später gegen die Machthaber richten wird.

An Brüssel liegt es nun, Vucic nicht nur wegen seiner kooperativen Kosovo-Politik zu loben, sondern auch darauf zu achten, dass der technische Fortschritt in Richtung EU von der demokratischen Entwicklung und dem Aufbau der Bürgergesellschaft in Serbien begleitet wird. Vucic verdient eine Chance, zumal er an seinem politischen Kurs festhalten will: EU-Integration, Dialog mit dem Kosovo, Reformen. Doch: Es ist der Wille eines Mannes, der in Serbien über alles entscheiden wird. Und eines Mannes, der vor einiger Zeit nach unruhigen großserbischen Träumen eines Morgens erwachte und sich urplötzlich in einen Europäer verwandelt fand.

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