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Kommentar Wahl in GhanaWenn die Demokratie funktioniert

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Der Weg ist das Ziel bei Ghanas Präsidentschaftswahlen - und er war friedlich. Jetzt muss sich John Atta Mills den Zukunftsfragen stellen.

Bild: taz

Dominic Johnson ist Afrika-Redakteur im Auslandsressort der taz.

Das Wichtigste an Ghanas Wahl ist nicht das Ergebnis, sondern das Verfahren. Knappe Entscheidungen in afrikanischen Präsidentschaftswahlen führen oft zu Instabilität, weil die Bürger der meisten Länder ihrem Staat keinen fairen Wahlgang zutrauen. Vor genau einem Jahr machte Kenia vor, wie kurz der Weg in den Bürgerkrieg sein kann: Die Opposition lag vorn und hatte auch die Parlamentsmehrheit sicher, aber der amtierende Präsident erklärte sich selbst zum Sieger - woraufhin blutige Unruhen ausbrachen mit grausamen Massakern, die über 1.300 Tote forderten.

Ghana hätte diesem schlimmen Vorbild leicht folgen können. Der Sieg des bisherigen Oppositionsführers John Atta Mills war hauchdünn, mit gerade einem halben Prozent Vorsprung in der Stichwahl. Weil einer der 230 Wahlkreise erst sechs Tage nach den anderen wählen konnte und dieser "dritte Wahlgang" die Wahl noch hätte kippen können, war die Spannung bis zuletzt hoch. Die Regierungspartei deutete sogar die Möglichkeit an, eine Wahlniederlage insgesamt nicht anzuerkennen.

Es kam anders. Der Wahlverlierer hat seine Niederlage umstandslos eingestanden und damit einen ähnlich friedlichen Machtwechsel ermöglicht wie den, durch den seine Partei vor acht Jahren an die Macht gekommen war. Die Spielregeln der Demokratie funktionieren. Es ist eben kein Naturgesetz, dass afrikanische Staatswesen immer erst Sonderregeln für den Ehrgeiz und das gegenseitige Misstrauen ihrer Politiker finden müssen.

Ein gelungenes Wahlverfahren ist aber noch kein Garant dafür, worum es eigentlich geht: eine gute Regierungsführung, mit der sich die Menschen identifizieren können. Die Herausforderungen in Ghana sind enorm: Massenarmut, eine von der formellen Wirtschaft ausgeschlossene Jugend, tiefe regionale und ethnische Feindschaften.

Weder der Sieger noch der Verlierer dieser Wahl haben im Wahlkampf überzeugende Rezepte dafür dargelegt. Gerade weil Ghana jetzt keine Zeit mit der Bewältigung eines Wahlstreits zu verlieren braucht, muss es sich diesen Zukunftsfragen stellen. DOMINIC JOHNSON

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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