piwik no script img

Kommentar Wahl auf ZypernSo schön langweilig

Kommentar von Klaus Hillenbrand

Halb Europa wählt rechts. Nicht so die Zyprioten, obwohl es auch ihnen dreckig geht. Dafür hat das Land eine Belohnung verdient.

Wähler am Sonntag in Nikosia Foto: dpa

D emokratie kann ganz schön langweilig sein. Wenn über Jahrzehnte hinweg immer die gleichen Parteien um den Sieg wetteifern, wenn immer dieselben Themen den Wahlkampf bestimmen, dann entsteht der Eindruck, diese Wahlen dienten nur noch der Selbstvergewisserung.

Zypern ist so ein Land, in dem sich die Ergebnisse immer wieder ähneln, so auch bei den Parlamentswahlen am Sonntag, bei der die Konservativen den Sieg von den Postkommunisten einfuhren. Doch Zypern ist auch ein Beispiel dafür, dass diese Art von Wiederholungen von einer demokratischen Stabilität zeugt, die anderswo schmerzlich vermisst wird. Halb Europa wendet sich derzeit rechten Populisten zu, im Fall von Griechenland gar den Neonazis.

Das kleine Zypern verfügt über alle Beigaben, den Griechen zu folgen: Vor drei Jahren krachte das Bankensystem zusammen, der Staat stand vor der Pleite und konnte nur mit einem schmerzhaften EU-Hilfsprogramm gerettet werden. Ersparnisse wurden über Nacht vernichtet, die Arbeitsloskeit stieg in nie gekannte Höhen, Einzelhändler kollabierten. Die Angst wuchs.

Dass die zypriotischen Rechtsradikalen und Populisten zwar ins Parlament einziehen, aber trotzdem wenig bedeutend geblieben sind, ist den Zyprioten, nicht der EU, zu verdanken. Sie beugten sich dem EU-Sparprogramm, aber anstatt nach Athener Muster Steuern und Abgaben ins Unbezahlbare zu erhöhen und den bürokratischen Wildwuchs beizubehalten, haben sie gespart. Das hat vielen weh getan, sehr weh. Längst ist noch nicht alles gut, aber es geht wieder bergauf.

Zypern ist der Beweis dafür, dass die griechische Krise kein unabwendbares Unglück ist. Es liegt auch an der Politik in den Krisenstaaten, wenn das eine Land kollabiert, das andere sich aber aus dem Desaster kämpft. Für letztere Leistung hätten die griechischen Zyprioten die Belohnung verdient, die sie sich gerade erarbeiten: eine Wiedervereinigung des Landes nach mehr als 40 Jahren der Teilung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

taz-Autor
Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • "Zypern ist der Beweis dafür, dass die griechische Krise kein unabwendbares Unglück ist.

    Es liegt auch an der Politik in den Krisenstaaten, wenn das eine Land kollabiert"

    Ist auch ein Beweis welche politischen Haltungen die Troika unterstützt und die EU im allgemeinen. DIese sind schließlich nachweislich hauptverantwortlich für diese "überraschende" Krise