piwik no script img

Kommentar WLAN-StörerhaftungWiderspruch ist Alltag

Kommentar von Svenja Bergt

Offenes WLAN? In Fragen der Digitalisierung klaffen Willensbekundungen und Handeln der Bundesregierung weit auseinander.

Offene Netze können einen großen Beitrag für die Gesellschaft leisten, etwa in Flüchtlingsunterkünften. Foto: dpa

M ehr Tempo bei der Digitalisierung fordert Angela Merkel auf der Computermesse Cebit. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat zur Feier des Tages sogar einen Masterplan verfassen lassen, der von „intelligenter Vernetzung“ über Datensicherheit bis zur Industrie 4.0 so ziemlich alle Schlagwörter aufführt, die dazu gerade kursieren. Und dann gibt es noch diesen Gesetzentwurf, der zurzeit noch im Bundestag hängt. Der aber, wenn er so bleibt, wohl dazu führen wird, dass auch die letzten Anbieter offener WLANs hierzulande resigniert Zugangsschranken einbauen werden.

Ein Widerspruch? Ach was, Alltag bei der Bundesregierung. Denn in Fragen der Digitalisierung klaffen Willensbekundungen und Handeln dort standardmäßig weit auseinander. So weit, dass die Regierung jetzt sogar einen Dämpfer aus Luxemburg bekommt: Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs spricht sich nicht nur gegen die umstrittene Störerhaftung für WLAN-Betreiber aus, sondern auch gegen eine Pflicht zur Abschottung von drahtlosen Netzwerken. Diese Abschottung sähe die Bundesregierung aber gern.

Ja, auch im Internet sind die Menschen nicht ehrlicher und anständiger unterwegs als, sagen wir, im Straßenverkehr. Aber wer das Netz auf Gefahren reduziert, verliert wichtige Aspekte aus dem Blick. Zum Beispiel den Beitrag, den offene Netze für die Gesellschaft leisten können, etwa in Flüchtlingsunterkünften. Hier geht es außer um Wasch- und Kochmöglichkeiten auch darum: Wie kommen die Bewohner ins Netz, haben damit Zugang zu Informationen in ihrer Sprache, können Kontakt zu Angehörigen halten, Vokabeln nachschlagen?

Teilhabe, die mit wenigen Handgriffen und Geräten einfach bereitzustellen ist. Für die es keine großen Gründungsförderungen oder millionenschwere Investitionsfonds geben muss. Zumindest aber kein Dagegenarbeiten aus der Politik. Das wäre schon hilfreich.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Was bequem ist und nach Möglichkeit auch kostenlos, verursacht Begeisterung. Der nicht materielle Preis dafür findet dann keine Beachtung mehr.

     

    Wie war das noch seinerzeit mit den guten alten "Dampfradios"? Man tat alles nur erdenkliche, um nicht den Staubsauber des Nachbarn oder die Impulse der Zündspule vorbeifahrender Autos zu empfangen anstatt der gewünschten Musik.

     

    Die vom Gehirn benötigten Signalimpulse benötigen vieltausend mal weniger Strom als der Antenneneingang eines Radios. Und das Gehirn ist nicht abgeschirmt. Das mögliche Risiko, daß Fehlentscheidungen aller Art zum Normalen werden, scheint jedoch bei allen Überlegungen außen vor zu bleiben. Und auch das ist normal. Denn wenn wir so manche Seiten im Internet anschauen, dann zeigt sich überdeutlich: Je blöder, desto beliebter.

     

    Eine mehr philosophische Streitfrage bleibt damit offen: Was ist, wenn gepulste Hochfrequenz massenhaft zu einer kollektiven Verblödung führt? Wie will man solche möglichen Folgen erkennen, wenn genau dieses dafür benötigte geistige Werkzeug als erstes unbrauchbar wird?

    • @wxyz:

      @WXYZ, das ist esoterischer Unsinn. Störerhaftung ist ein deutscher Alleingang und fällt sie weg, dann steigt die WLAN-Abdeckung auf das Niveau unserer Nachbarländer. Deren Bürger sind aber keineswegs verblödeter als wir, obwohl sie es nach Ihrer Logik sein müssten.